Politik

Druck auf Tory-Abgeordnete? Johnsons Regierung wird Erpressung vorgeworfen

dcdbf9041e43305acda99759c41f09fa.jpg

Kein Tag ohne Anschuldigungen gegen den britischen Premier in der "Partygate"-Affäre: Ein Ausschussvorsitzender im Unterhaus berichtet, ihm lägen Informationen vor, wonach Regierungsmitarbeiter aufsässige Abgeordnete von Johnsons eigener Partei erpresst hätten.

Im Skandal um Partys während des Lockdowns im Regierungssitz Downing Street schafft es der britische Premierminister Boris Johnson nicht aus den Negativschlagzeilen. Nachdem er sich tags zuvor mit einem kämpferischen Auftritt im Parlament ein wenig Luft verschafft hatte, kommen nun Vorwürfe über angebliche Erpressungstaktiken gegen aufsässige Tory-Abgeordnete auf. Neue Enthüllungen wecken zudem weiter Zweifel an Johnsons Aufrichtigkeit.

Er habe Berichte über die Erpressung von Abgeordneten erhalten, sagte der Vorsitzende des Verwaltungs- und Verfassungsausschusses im Unterhaus, William Wragg. Konservative Parlamentsmitglieder, die im Verdacht stünden, dem Premier die Gefolgschaft zu versagen, seien von Regierungsmitarbeitern mit der Veröffentlichung kompromittierenden Materials in der Presse bedroht worden.

Der Ausschussvorsitzende gehört selbst der Tory-Partei an und zählt zu Johnsons Kritikern. Er riet dazu, bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Auch Parlamentspräsident Lindsay Hoyle zeigte sich beunruhigt. Wer versuche, Abgeordnete durch Drohungen an der Ausübung ihrer Tätigkeit zu hindern, mache sich der Missachtung des Parlaments schuldig, so Hoyle.

Johnson, der wegen der unaufhörlichen Enthüllungen über Partys während des Lockdowns schon als angezählt gilt, hatte sich am Mittwoch bei der Fragestunde im Parlament kämpferisch gezeigt und damit etwas Zeit gewonnen, wie es scheint. Der als "Pork Pie Plot" (etwa: Schweinepasteten-Komplott) bezeichnete Versuch einer Gruppe von Tory-Abgeordneten, ein Misstrauensvotum gegen ihn einzuleiten, scheiterte vorerst. Bislang wurde die Hürde von 54 Befürwortern noch nicht erreicht. Sogar der Aufsehen erregende Übertritt eines Abgeordneten zur Labour-Opposition scheint die Rebellion eher etwas geschwächt als gestärkt zu haben.

Zudem dürfte Johnson die angekündigte Aufhebung aller Corona-Maßnahmen zumindest in bestimmten Kreisen wieder etwas Rückhalt verschafft haben. Doch der Premier musste auch Federn lassen: "In Gottes Namen, gehen Sie!" hatte ihm der frühere Brexit-Minister und Tory-Veteran David Davis bei der Parlamentssitzung entgegen geschmettert. Die aufsehenerregende Rücktrittsforderung habe Johnson "beschädigt", räumte Gesundheitsminister Sajid Javid nun im Sender Sky News ein. Er warb darum, die interne Untersuchung zur "Partygate"-Affäre abzuwarten, die kommende Woche erwartet wird.

Javid räumte ein, dass Johnson zurücktreten müsse, falls der Bericht der ranghohen Beamtin Sue Gray ihm Fehler nachweist. Die Vorschriften seien klar. "Falls ein Kabinettsmitglied, beginnend beim Premier, das Gesetz bricht, sollte es natürlich nicht weiter im Kabinett dienen", sagte Javid. "Es gibt keine Ausnahme von dieser Regel." Johnson selbst wich Fragen nach Konsequenzen zu dem Bericht bei einem Interview aus. Doch die geplante Veröffentlichung der Ergebnisse aus der internen Untersuchung scheint immer mehr zur Stunde der Wahrheit für den Premier zu werden.

Quelle: ntv.de, mbe/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen