Schäuble macht Stimmung Kalte Progression gibt es aktuell nicht
12.12.2014, 07:41 Uhr
Schäuble hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass das Phänomen derzeit nicht existiert.
(Foto: AP)
Alle reden darüber, alle wollen sie abschaffen, auch die Regierung sagt ihr den Kampf an. Die kalte Progression beschäftigt die Republik. Doch jetzt analysiert das Bundesfinanzministerium in seinem "Ersten Steuerprogressionsbericht", dass alle nur Gespenster sehen.
Das Phänomen der sogenannten kalten Progression existiert offenbar gar nicht - jedenfalls im Moment. Die "Süddeutsche Zeitung" zitierte aus einer Analyse des Bundesfinanzministeriums, dem "Ersten Steuerprogressionsbericht". Demnach führt die Kombination aus geringer Inflation und Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags Anfang 2014 dazu, "dass in diesem Jahr voraussichtlich keine kalte Progression entstehen wird". Im vergangenen Jahr betrug die Belastung pro Person demnach im Durchschnitt 16 Euro.
Das Bundesfinanzministerium beschreibt das Phänomen so: "Von Kalter Progression spricht man, wenn Einkommens- und Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen und es trotz somit unveränderter Leistungsfähigkeit zu einem Anstieg der Durchschnittsbelastung kommt." Steigt etwa das Preisniveau in einem Jahr um zwei Prozent und ein Steuerpflichtiger verdient im gleichen Jahr zwei Prozent mehr, hat sich an seiner wirtschaftlichen Situation eigentlich nichts geändert. Er muss aber mehr Steuern zahlen, weil er nominal ein höheres Einkommen erzielt. (AFP)
Dem Bericht zufolge erwarten die Experten des Bundesfinanzministeriums, dass die Bundesbürger 2015 und 2016 mit 17 und 20 Euro bei einem Prozent Inflation beziehungsweise mit 73 und 78 Euro bei zwei Prozent Inflation belastet werden. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, wird dieser Effekt jedoch durch eine andere Entwicklung kompensiert, wie der neue "Existenzminimumbericht" der Bundesregierung zeigt. Der Bericht soll spätestens Anfang 2015 vom Kabinett abgesegnet werden.
Demnach muss die Regierung den steuerlichen Grundfreibetrag von Alleinstehenden 2015 um 118 Euro und 2016 um weitere 180 Euro auf dann 8652 Euro anheben, um sicherzustellen, dass das Existenzminimum nicht besteuert wird. Damit verschwindet auch die errechnete kalte Progression. Prozentual gesehen noch größer ist der Korrekturbedarf demnach beim Kinderfreibetrag. Er muss dem Bericht zufolge 2015 um 144 Euro und 2016 um weitere 96 Euro auf 4608 Euro steigen.
Widerspruch in der Argumentation der CDU-Spitze
Der Begriff kalte Progression bezeichnet den Effekt, dass ein Arbeitnehmer bei einer Gehaltserhöhung in Höhe des Inflationsausgleichs wegen des progressiven Steuertarifs am Ende womöglich weniger in der Tasche hat als vorher.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es wegen der niedrigen Inflation derzeit kaum kalte Progression gibt. Zugleich argumentierte die CDU-Spitze allerdings, dass es keinen Spielraum für einen Abbau der kalten Progression gebe. Kurz vor ihrem Parteitag fanden die Christdemokraten allerdings einen Kompromiss.
Auf ihrem an diesem Freitag beginnenden Parteitag will sie die CSU dafür aussprechen, 2017 mit dem Abbau der kalten Progression zu beginnen. Die CDU hat dies bereits auf ihrem Parteitag in dieser Woche beschlossen, falls es dafür einen finanziellen Spielraum gibt. Auch die SPD ist für eine Milderung der heimlichen Steuererhöhungen.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa