Vorwurf der Intransparenz Kanzlerin gibt deutlich weniger Interviews
01.11.2019, 00:49 Uhr
Ein Interview mit der Kanzlerin zu bekommen, ist offenbar alles andere als selbstverständlich.
(Foto: picture alliance/dpa)
Angela Merkel gewährt allwöchentlich per Videobotschaft Einblicke in die Arbeit der Bundesregierung. Mit Journalisten spricht sie immer seltener. Die Zahlen dazu rückt das Bundespresseamt aber nur heraus, weil es dazu gezwungen wird.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich im vergangenen Jahr deutlich seltener den Fragen von Rundfunk und Presse gestellt. Das berichtet der Berliner "Tagesspiegel" unter Verweis auf eine statistische Übersicht des Bundespresseamts. Demnach war Merkel im vergangenen Jahr nur noch mit 22 Interviewbeiträgen in deutschen Medien vertreten. In den Jahren zuvor seien es im Durchschnitt noch mehr als 60 einzelne Beiträge gewesen.
Nur 2015, dem Jahr der Flüchtlingskrise, sank die Zahl dem Bericht zufolge ebenfalls deutlich, damals auf 33 Auftritte. Das Bundespresseamt betonte, dass es sich um eine Auswertung aus Datenbanken öffentlich zugänglicher Quellen zwischen den Jahren 2013 bis 2018 handele. Die Statistik erhebe nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sei eine "Auswahlliste".
Dennoch zeigt die Liste eine deutliche Tendenz. Für das Jahr 2018 weist sie laut "Tagesspiegel" nur acht Auftritte Merkels in der Presse und 14 im Rundfunk aus. Die Übersicht hat das Bundespresseamt demnach erst nach der Klage eines Berliner Rechtsanwalts vor dem Berliner Verwaltungsgericht herausgegeben. Der Anwalt hatte einen Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) geltend gemacht.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert den Rückzug Merkels von der Presse. "Interviews mit Spitzenpolitikern zu führen, ist Aufgabe von Journalisten", sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall. Die regelmäßigen Videobotschaften der Kanzlerin seien "platte PR, aber kein erklärender Journalismus".
Zudem hält Überall es für "verhaltensoriginell", dass das Bundespresseamt die Informationen angesichts von Transparenzbeteuerungen der Regierung zurückhalten wollte. "Geheimniskrämerei verträgt sich nicht mit Regierungshandeln in einer Demokratie."
Quelle: ntv.de, ino/AFP