Aus der Ukraine nach Russland Kiew: "Massenhaft" Zivilisten verschleppt
22.03.2022, 21:13 Uhr
Flüchtlinge wollen Mariupol verlassen.
(Foto: IMAGO/SNA)
Aus der Ukraine kommen vermehrt Berichte, es würden Menschen gegen ihren Willen nach Russland gebracht. Die Rede ist von Tausenden Zivilisten allein aus Mariupol, das von der russischen Armee belagert wird. Vorher sollen die Menschen in Lagern festgehalten werden.
Kiew hat Moskau vorgeworfen, vor dem Krieg flüchtende Zivilisten nach Russland zu verschleppen. "Frauen und Kinder werden massenhaft aus den Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk abgeschoben", schrieb die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, auf Facebook. Moskau betont immer wieder, dass viele Ukrainer darauf warteten, etwa aus der belagerten Hafenstadt Mariupol über sogenannte Fluchtkorridore nach Russland evakuiert zu werden. Kiew bestreitet das.
Denissowa erhob unterdessen weitere schwere Vorwürfe gegen Russland: "Frauen, Kinder, alte Leute werden durchsucht, ihnen werden die ukrainischen Dokumente und Telefone abgenommen und sie werden in grenznahe russische Gebiete geschickt. Dort werden sie in Konzentrationslagern untergebracht mit anschließender Umsiedelung in die depressiven Regionen Russlands." Für diese Anschuldigungen legte sie allerdings keine Beweise vor.
Die Stadtverwaltung des südukrainischen Mariupol hatte am Samstag ähnliche Vorwürfe erhoben. In der letzten Woche hätten die russischen Streitkräfte mehrere Tausend Menschen gewaltsam aus der belagerten Stadt deportiert, teilte der Stadtrat auf seinem Telegram-Kanal mit: "Die Besatzer haben illegal Menschen aus dem Stadtteil Livoberezhniy und aus dem Schutzraum des Sportklubs verschleppt, wo sich mehr als Tausend Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, vor den ständigen Bombardierungen versteckt hatten." Wohin sie gebracht worden sein sollen, blieb unklar.
Auch der Leiter der ukrainischen Regionalverwaltung von Donezk, Pawlo Kyrylenko, prangerte am Sonntag an, dass Einwohner von Mariupol gegen ihren Willen nach Russland gebracht würden. In speziellen Lagern würden ihre Telefone durchsucht und sie müssten ihre ukrainischen Pässe abgeben. Mehr als tausend Menschen seien so bereits verschleppt worden. Von unabhängiger Seite ließen sich diese Angaben nicht überprüfen.
Die russische Agentur RIA Novosti berichtete letzte Woche unter Berufung auf Hilfsdienste, dass fast 300.000 Menschen, darunter etwa 60.000 Kinder, aus den Regionen Luhansk und Donbass sowie Mariupol nach Russland gekommen seien. Das russische Verteidigungsministerium verkündete diesen Monat, dass Russland 200 Busse für die "Evakuierung" der Bürger von Mariupol bereitgestellt habe.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/rts/AFP