Soldaten sitzen fest Kiew kündigt Fluchtkorridor aus Mariupol an
20.04.2022, 12:02 Uhr
Die Ukraine hofft, weitere Zivilisten aus dem eingeschlossenen Mariupol herauszubringen. Dazu soll es noch heute einen humanitären Korridor geben, heißt es aus Kiew. Was mit den verbliebenen Soldaten passiert, ist ungewiss. Ihr Kommandeur hatte zuvor einen verzweifelten Appell an die internationale Politik gerichtet.
Kiew und Moskau haben nach ukrainischen Angaben für Zivilisten in der umkämpften Hafenstadt Mariupol einen Fluchtkorridor ausgehandelt. "Uns ist es vorläufig gelungen, einen humanitären Korridor für Frauen, Kinder und ältere Menschen zu vereinbaren", teilte die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk im Nachrichtenkanal Telegram mit.
Ab 14.00 Uhr Ortszeit (13.00 MESZ) könnten diese hinausgelangen. Danach solle eine Fahrzeugkolonne über Berdjansk ins rund 200 Kilometer entfernte Saporischschja fahren. Tags zuvor hatte die russische Armeeführung erneut eine Waffenruhe und den freien Abzug von Zivilisten in Aussicht gestellt, die sich in dem von ukrainischen Kämpfern gehaltenen Stahlwerk Asovstal aufhalten. Zudem wurden die dort verbliebenen ukrainischen Soldaten aufgefordert, sich zu ergeben.
Der Kommandeur der im Stahlwerk eingekesselten Marineinfanteristen, Serhij Wolyna, hatte zuvor jedoch in einer Videobotschaft an die Welt um die Evakuierung in einen Drittstaat ersucht. In einem dramatischen Appel sagte er: "Der Feind ist uns 10 zu 1 überlegen." In der auf Facebook veröffentlichten einminütigen Videobotschaft hieß es weiter: "Wir appellieren an alle führenden Politiker der Welt, uns zu helfen."
Russland habe Vorteile in der Luft, bei der Artillerie, den Bodentruppen, bei Ausrüstung und Panzern, sagte Wolyna. Die ukrainische Seite verteidige nur ein Objekt, das Stahlwerk Asowstal, wo sich außer Militärs noch Zivilisten befänden. "Das ist unser Appell an die Welt", sagte Wolyna. "Das könnte der letzte Appell unseres Lebens sein." Zum TV-Sender CNN sagte Wolyna, eine Evakuierung könne etwa per Schiff oder per Helikopter erfolgen. Auch eine internationale humanitäre Mission sei eine Möglichkeit.
Die südostukrainische Hafenstadt Mariupol wurde am 1. März, kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs, komplett von russischen Truppen eingeschlossen. Die Stadt und auch der Hafen gelten zu großen Teilen als zerstört. Zuletzt hielten sich russischen Angaben zufolge rund 2500 ukrainische Kämpfer und 400 ausländische Söldner in dem Stahlwerk verschanzt. Ukrainischen Mitteilungen zufolge sollen rund 1000 Zivilisten dort Schutz gesucht haben. Russland hat die ukrainischen Truppen dort bereits mehrmals dazu aufgerufen, sich zu ergeben.
Quelle: ntv.de, hek/dpa