Politik

Erstes Weihnachten im Krieg Kinder in der Ukraine fürs Leben gezeichnet

Zum Fest auf der Flucht: Minderjährige kommen mit dem Zug aus der Ukraine im polnischen Przemysl an.

Zum Fest auf der Flucht: Minderjährige kommen mit dem Zug aus der Ukraine im polnischen Przemysl an.

(Foto: picture alliance / NurPhoto)

Was wünschen sich die Kinder in der Ukraine zu Weihnachten? Frieden wünschen sie sich, berichten Helfer aus dem schwer vom Krieg heimgesuchten Land. Sie sind seit dem 24. Februar täglich mit Tod und Zerstörung konfrontiert.

Zum ersten Weihnachtsfest in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Hilfsorganisation Save the Children auf die dramatische Situation der Kinder in dem Land hingewiesen. "Sie sind nicht in Feierstimmung, sondern kämpfen, um zu überleben und den Alltag im Krieg zu meistern", sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion von Save the Children, Florian Westphal. Die Kinder in der Ukraine würden sich vor allem einfach Frieden wünschen.

Gerade zu Weihnachten laste die Situation durch den Krieg schwer auf den Familien. "Viele Väter dienen in der Armee und die Kinder vermissen sie jetzt besonders", sagte Westphal. Mit Schutz- und Spielräumen wolle Save the Children dafür sorgen, dass "Kinder den Kriegsalltag eine Zeitlang vergessen können". Dort könnten sie "mit Gleichaltrigen spielen, lernen und lachen", sagte Westphal. "Das ist für sie momentan mindestens genauso wichtig wie ein Weihnachtsgeschenk."

Auch über die Feiertage werde die seit 2014 laufende und in diesem Jahr deutlich ausgeweitete Arbeit von Save the Children in der Ukraine fortgesetzt. Seit Kriegsbeginn im Februar seien rund 400.000 Kinder und fast ebenso viele Erwachsene in dem Land erreicht worden, in dem Wasser- und Stromausfälle durch russische Luftangriffe derzeit den Menschen im eiskalten Winter das Leben zusätzlich schwer machen. So leisteten die Mitarbeiter etwa Nothilfe, indem sie vertriebenen Familien Unterkünfte, Essen und Trinken oder Medizin bereitstellten, sagte Westphal. "Die Kinder in der Ukraine sind täglich mit Tod und Zerstörung konfrontiert."

"Bei Bombenalarm zittert sie am ganzen Körper"

Mit am schlimmsten sei das seelische Leid. Trauer und Hoffnungslosigkeit stünden den Kindern ins Gesicht geschrieben. Als Beispiel nannte Westphal ein achtjähriges Mädchen. Sie sei "in ihren jungen Jahren schon so schwer vom Krieg gezeichnet, dass eine breite Strähne ihres Haares ausgeblichen ist. Wenn Bombenalarm ist, zittert sie am ganzen Körper." Manche Kinder nähmen die Geräusche von Bomben und Raketen hingegen gar nicht mehr wahr. "Auch das ist erschütternd", sagte Westphal.

Die Situation für Kinder sei jedoch auch in anderen Ländern dramatisch, betonte Westphal und hob dabei den Jemen und Somalia hervor. In Somalia würden vor allem Kinder wegen einer jahrelangen Dürre an Hunger leiden. Viele Kinder kämpften ums Überleben. "Und selbst bei den Kindern, die es schaffen, verlangsamt die Mangelernährung die körperliche und geistige Entwicklung. Diese Folgen sind ein Leben lang spürbar." Schon durch Corona-Krise und Klimakrise hätten Millionen Menschen ihre Lebensgrundlage verloren. Jedes sechste Kind weltweit - 449 Millionen Mädchen und Jungen - wächst der Kinderrechtsorganisation zufolge zudem in einem Kriegs- oder Konfliktgebiet auf.

Hilfsbereitschaft ungebrochen

Durch den Ukraine-Krieg und die deshalb gestiegenen Lebensmittelpreise breite sich der Hunger noch rasanter aus. In diesem Jahr hätten 20 Prozent mehr Kinder humanitäre Hilfe gebraucht als im Vorjahr. "Wir brauchen deutlich mehr Geld für humanitäre Hilfe sowie für langfristige Entwicklungsprogramme, damit Kinder für zukünftige Krisen besser gewappnet sind", forderte Westphal. Er hob aber hervor, dass die Hilfsbereitschaft in Deutschland trotz der auch hierzulande drastisch steigenden Preise ungebrochen sei.

Hoffnung machen Westphal die Kinder selbst. In einer Schule in Afghanistan habe ihm kürzlich ein 15-jähriges Mädchen erzählt, sie wolle Ärztin oder Hebamme werden, "weil es das in ihrem Dorf noch nicht gibt", sagte Westphal. "Ich bin davon überzeugt, dass die Kinder die Welt zu einem besseren Ort machen können, wenn wir ihre Rechte respektieren und ihnen dafür das nötige Rüstzeug geben."

Quelle: ntv.de, Maximilian Hett, AFP

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