Anschlagsziele auch in Europa Kramer warnt vor neuer "Dschihad-Terror-Welle"
15.12.2023, 15:32 Uhr Artikel anhören
Bevor er Verfassungsschutzpräsident in Thüringen wurde, war Stephan Kramer Generalsekretär des Zentralrates der Juden.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Die Gefahr von islamistischen Anschlägen in Deutschland und Europa wächst nach Ansicht der Verfassungsschutzbehörden. Bei der Verhinderung von Taten habe es gute Erfolge gegeben, "aber wir dürfen nicht überheblich werden", mahnt Thüringens Verfassungsschutzpräsident Kramer.
Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer warnt vor weiteren islamistischen Anschlagsversuchen und Anschlägen. Der brutale Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei nur der Anfang gewesen, sagte Kramer im Gespräch mit ntv. "Wir müssen mit einer neuen Dschihad -Terror-Welle rechnen." Es habe gute Erfolge in der Verhinderung von Anschlägen gegeben, "aber wir dürfen nicht überheblich werden". Es werde auch zu Anschlägen in Deutschland aufgerufen, das neben den USA als eindeutiger Unterstützer Israels gelte. Er äußerte sich vor dem Hintergrund der jüngsten Festnahmen von mutmaßlichen Hamas-Mitgliedern auch in Berlin.
Doch auch bei einer wachsenden Gefahr von islamistischen Anschlägen sollten die Menschen hierzulande nicht in Panik verfallen. "Was wir jetzt nicht tun dürfen, ist, uns im Keller verstecken, einschüchtern lassen, dann erreichen wir nämlich genau das, was die Terroristen momentan wollen", sagte der Verfassungsschützer im Deutschlandfunk.
Auf die Frage, ob er empfehlen könne, momentan überall in Deutschland jüdische Symbole sichtbar zu tragen, antwortete Kramer: "Ob man sie im Einzelfall sichtbar tragen sollte, das ist eine langwierige Diskussion, die wir auch schon früher geführt haben. Das muss jede und jeder für sich selbst entscheiden." Jüdinnen und Juden sollten weiterhin ihre Gemeinden besuchen, das Chanukka-Fest feiern. Auch wenn er Weihnachtsmärkte als mögliches Ziel von Anschlägen sehe, rate er dennoch nicht von einem Besuch dieser ab. Es gebe Sicherheitskonzepte und die Sicherheitsbehörden täten ihr Möglichstes.
Suche nach Erddepot mit Waffen in Europa
Verbote von Terror-Gruppierungen seien eine Möglichkeit, gegen die Hamas vorzugehen, so Kramer weiter. "Aber es geht auch darum, durch politische Bildung, durch weiche Faktoren - da geht es gar nicht mal so sehr um Repressionen - einen Boden, ein Klima zu erzeugen, in dem diese Gruppierungen nicht wachsen können." Auch wenn es für diese Maßnahmen nun schon zu spät wirke, sollte daran festgehalten werden. "Weil das Schlimmste, was uns jetzt passieren kann, ist, dass Muslime, die bisher mit keiner Radikalisierung zu tun hatten, möglicherweise aus Frustration, aus Emotionalisierung, auf diesen Zug aufspringen und sich damit erst jetzt radikalisieren und im Grunde noch mehr in dieses Lager hinüberwechseln."
Die Bundesanwaltschaft hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass vier mutmaßliche Mitglieder der Hamas in Berlin und in den Niederlanden festgenommen worden seien. Es besteht der Verdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, wie die Anklagebehörde mitteilte. Konkret geht es demnach um Waffen, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten. Inzwischen befinden sich drei der vier Männer in Untersuchungshaft.
Spätestens ab dem Frühjahr 2023 sei einer der in Berlin ansässigen Beschuldigten damit befasst gewesen, im Auftrag der Hamas ein Erddepot mit Waffen in Europa ausfindig zu machen, das die Organisation dort in der Vergangenheit angelegt habe. Es soll kein direkter Zusammenhang mit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober bestehen.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa