"Prinzipien zuerst"-Gipfel tagt Kritische Republikaner trommeln gegen Trump
25.02.2025, 15:31 Uhr Artikel anhören
"Wir müssen die Angst beiseite lassen", insistiert Michael Fanone, ein früherer Polizist in Washington, der beim Kapitolsturm von Trump-Anhängern attackiert wurde. (Archivbild)
(Foto: AP)
Drei Tage lang treffen sich Trump-kritische Republikaner im Washington, um eine Strategie gegen den autoritären Kurs des Weißen Hauses zu finden. Die Abtrünnigen brauchen ihren ganzen Mut. Im Foyer des Veranstaltungssaals laufen drohend die rechten "Proud Boys" auf.
Republikaner aus dem ganzen Land versammeln sich in einem Ballsaal nur wenige Blocks vom Weißen Haus entfernt. Sie beklagen, die Vereinigten Staaten hätten die Ideale aufgegeben, die eine große Nation geformt hätten. Einige Teilnehmer tragen rote Mützen mit verschiedenen Aufschriften, die US-Präsident Donald Trump und dessen "Make America Great Again"-Bewegung verspotten.
Es ist die bislang größte Zusammenkunft des "Principles First Summit", der sich mit dem Beginn der zweiten Amtszeit Trumps auch für Unabhängige und Mitte-Links-Demokraten geöffnet hatte, um das gemeinsame Ziel einer prodemokratischen und antiautoritären USA zu verfolgen. "Dies ist nicht die Zeit, um das Knie zu beugen und mitzuspielen", sagte Heath Mayo. Der Anwalt, der in Yale studiert hat, gründete die Bewegung vor fünf Jahren, um politisch heimatlos gewordenen Konservativen eine Anlaufstelle zu geben. "Dies ist die Zeit, um Rückgrat zu zeigen, aufzustehen und sich auf einen langen Kampf vorzubereiten."
Doch auch nach drei Tagen voller Gespräche und Schuldzuweisungen trennten sich die 1200 Teilnehmer ohne eindeutigen Fahrplan, wie Trumps Umklammerung der konservativen Bewegung und der nationalen Identität gelockert werden könnte. Einigkeit herrschte nicht einmal mit Blick auf die Frage, ob der Kampf in republikanischen Sphären geführt werden sollte, ein Wechsel zu den Demokraten geboten sei oder ein ganz anderer Weg eingeschlagen werden müsse. "Es gibt einem ein besseres Gefühl zu wissen, dass man nicht allein ist und dass man nicht verrückt ist", sagte Jeff Oppenheim, ein pensionierter Oberst der US-Armee aus dem texanischen Austin. "Die Frage ist, wie man das in einem politischen System in die Tat umsetzen kann, das sehr schwer zu beeinflussen ist, weil es so strukturiert ist, dass zwei Parteien die vollständige Kontrolle haben."
Spott von Trump-Anhängern
Der Unternehmer Mark Cuban, einer der Moderatoren der TV-Show "Shark Tank", war in der Vergangenheit ein Fürsprecher der Demokratin Kamala Harris, Trumps Gegnerin im Präsidentschaftswahlkampf 2024. Er erhielt großen Applaus, als er bei der Konferenz in Washington auf die Bühne trat. Eine eigene Kandidatur für das höchste Staatsamt schloss er aus. Die Demokratische Partei sei nicht in der Lage, ihre eigene Botschaft zu verkaufen, befand er. "Ich bin nicht hier, um ihn vor den Bus zu werfen", sagte Cuban über Trump und lobte dessen Fähigkeit als Vermarkter, dem es gelungen sei, die Wähler davon zu überzeugen, dass er ihnen helfen könne.
Trumps Verbündete mokierten sich schon im Voraus über die Zusammenkunft. Sie sei voller "RINOs" - "Republicans in name only" - also Parteigängern der Republikaner, die dies nur dem Namen nach seien. Der Kommunikationsdirektor Steven Cheung verunglimpfte das Treffen gar als "Cuck Convention". Das Wort "Cuck" beschreibt einen Mann, der es genießt, seine Frau beim Sex mit anderen Männern zu beobachten. Im Wahlkampf kam die Vokabel oft zum Einsatz, um Rivalen zu beleidigen oder ihnen die Männlichkeit abzusprechen.
In seiner zweiten Amtszeit hat Trump die Republikaner noch weit umfassender unter Kontrolle als zuvor. Der Kongress ist mit seinen Getreuen gespickt, und ein Großteil der Parteibasis ist ihm loyal ergeben. Trotzdem argumentieren seine wenigen verbliebenen Rivalen in der Partei, es gebe noch immer Möglichkeiten, seinen Einfluss zu brechen.
Ärgerliche Bürgerversammlungen gegen Musk sorgen für Nervosität
Der frühere Abgeordnete des Repräsentantenhauses, Adam Kinzinger, ein Parteikollege Trumps, war immer wieder Ziel von dessen Attacken. Trumps demokratischer Amtsvorgänger Joe Biden begnadigte ihn präventiv. Kinzinger verwies auf die knappe Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus von 218 Abgeordneten. Die Demokraten stellen nur drei Abgeordnete weniger. Die Volksvertreter seien nervös, sagte er. Anlass seien Bürgerversammlungen, bei denen sich der Ärger der Wähler über den Milliardär und Regierungsberater Elon Musk gezeigt habe, der Staatsbedienstete feuern, Behörden schließen und Dienste des Bundes einschränken will.
Kritiker rief Kinzinger auf, den Druck in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Kritisches Publikum bei einem Bürgerdialog etwa sei eine der ungemütlichsten Situationen im Arbeitsleben eines Politikers. "Im Moment fürchten republikanische Kongressmitglieder eine Person. Donald Trump. Sie fürchten nicht euch", sagte er. "Wenn sie beginnen, euch zu fürchten, beginnen sie, eine andere Rechnung aufzumachen."
Julie Spilsbury, ein Ratsmitglied in Mesa, Arizona, will ihren Platz in den Reihen der Republikaner behaupten. Doch wie mehr als zwei Dutzend Teilnehmer und Redner bei dem Treffen in Washington sagte sie der Nachrichtenagentur AP, sie habe im November für Harris gestimmt. Auch öffentlich sprach sie sich für die Demokratin aus - es sei eine Frage von "Charakter und Integrität". Jetzt sieht sie sich mit Rücktrittsforderungen von Trump-Unterstützern in Mesa konfrontiert. "Wenn Sie nach etwas suchen, das Sie tun können, schicken Sie mir zehn Dollar" für die Wiederwahlkampagne, sagte sie zu den Konferenzteilnehmern.
"Wir müssen die Angst beiseite lassen"
Der frühere Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, der bei den Vorwahlen der Republikaner 2024 Präsidentschaftskandidat werden wollte, und der Gouverneur von Colorado, Jared Polis, ein Demokrat der Mitte, gaben sorgfältig abgewogene Einschätzungen der ersten Wochen Trumps im Amt ab - und ernteten damit gemischte Reaktionen oder gar Schweigen. Besonders skeptisch zeigten sich die Zuhörer, als Hutchinson sagte, er glaube dem Präsidenten, wenn er sage, dass er Gerichtsentscheidungen seine vielen Dekrete betreffend akzeptieren werde.
Laute Unterstützungsbekundungen gab es, als es um die Polizisten ging, die versuchten, das Kapitol am 6. Januar 2021 zu schützen, als ein Mob von Trump-Anhängern das Herz der US-Demokratie stürmte, um die Beglaubigung von Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2020 zu verhindern. Nur Stunden nach seiner erneuten Vereidigung im Januar begnadigte Trump etwa 1500 der Randalierer - darunter auch jene, die Polizisten angegriffen hatten.
"Wir müssen an der Empörung, an der Wut festhalten und die Angst beiseite lassen", insistierte Michael Fanone, ein früherer Polizist in Washington, der beim Kapitolsturm attackiert wurde. Auf die Frage, ob er eine Einladung zu einem Gespräch mit Trump annehmen würde, sagte er, der Präsident sei nicht in der Lage, eigene Fehleinschätzungen einzusehen.
Drohungen der "Proud Boys" im Foyer
Später wurden Fanone und seine früheren Kollegen in einer Lobby vom Anführer der rechtsextremen "Proud Boys", Enrique Tarrio, angesprochen, der zu den Profiteuren der Kapitolstürmer-Begnadigungen Trumps gehörte. Einen Tag später erhielten die "Principles First"-Spitzen eine Bombendrohung per E-Mail, in der Fanone explizit erwähnt wurde, die Adresse seiner Mutter und andere potenzielle Ziele aufgelistet waren.
Der Veranstaltungsort wurde evakuiert, Washingtoner Polizei und Agenten des Secret Service suchten nach Sprengsätzen, fanden nichts - und die Konferenz konnte am Sonntagabend (Ortszeit) zu Ende geführt werden. Die Organisatoren machten Tarrio für die Bombendrohung verantwortlich. Der stritt das in einem Social-Media-Beitrag ab.
Rich Logis aus dem US-Staat Florida, ein früherer "Make America Great Again"-Anhänger, sagte, wenn Trump weiter Zölle verhänge, öffentliche Dienste beschneide und Maßnahmen durchsetze, die vielen Amerikanern schadeten, könne es noch mehr Konvertiten wie ihn selbst geben. "Jeder muss seine eigene Sollbruchstelle finden", sagte der Mann, der eine rote Mütze mit der Aufschrift "I left Maga" trug ("Ich habe MAGA verlassen"). "Unsere Aufgabe ist es, da zu sein und mit den Menschen zu sprechen, wenn sie ihre finden."
Quelle: ntv.de, mau/AP