Politik

Corona-Hotspots abriegeln? Länderchefs wollen keine Ausreisesperren

Kontrollen an den Landkreis-Grenzen? Mehrere Länderchefs haben Zweifel an der Umsetzbarkeit einer Ausreisesperre aus Regionen mit akutem Corona-Ausbruch.

Kontrollen an den Landkreis-Grenzen? Mehrere Länderchefs haben Zweifel an der Umsetzbarkeit einer Ausreisesperre aus Regionen mit akutem Corona-Ausbruch.

(Foto: dpa)

Wenn in einem Landkreis das Coronavirus akut ausbricht, will Merkel die Region mit Ausreisesperren belegen. Für diesen Vorschlag erntet die Kanzlerin kräftig Gegenwind von mehreren Länderchefs. Nur bei einem Ministerpräsidenten trifft sie auf Zustimmung.

Die von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel befürworteten Ausreisesperren für Regionen mit akutem Corona-Ausbruch stoßen in den Ländern auf wenig Gegenliebe. Mehrere Ministerpräsidenten lehnen einen solchen Umgang mit lokalen Corona-Hotspots auch aus einem bestimmten Grund ab.

In der Debatte geht es um die Frage des Umgangs mit einem örtlich begrenzten Corona-Ausbruch, wie ihn kürzlich etwa der Landkreis Gütersloh zu verzeichnen hatte. Kanzlerin Merkel sprach sich dafür aus, Einwohner von betroffenen Gegenden vorübergehend mit Ausreisesperren zu belegen, damit sie das Virus nicht im Rest des Landes verbreiten.

Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff meldet "dringenden Gesprächsbedarf" an und warnt: "Grundrechte kann man nicht beliebig einschränken." Die Landesregierungen von Sachsen und Berlin äußern zudem Zweifel an der Umsetzbarkeit. Bund und Länder wollen ihre Gespräche darüber am Donnerstag fortsetzen, heißt es aus Regierungskreisen.

Eine solche Maßnahme bedarf der Zustimmung der Bundesländer. CDU-Kanzleramtsminister Helge Braun und die Chefs der Staatskanzleien der 16 Bundesländer hatten über eine entsprechende Vorlage aus dem Kanzleramt beraten. Die Positionen liegen bislang aber noch weit auseinander. Braun und die Staatskanzleichefs wollen sich deshalb abermals für Beratungen zusammenschalten, heißt es aus Verhandlungskreisen. Als offen gilt, ob dann schon eine Einigung zu erwarten ist.

"Inwieweit ist das umsetzbar?"

Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff verwies im ZDF darauf, dass der Staat im Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht beliebig strikte Maßnahmen ergreifen könne. Er kritisiert es zudem als "nicht praktikabel", Landkreise abzuriegeln, um Corona-Ausreisesperren durchzusetzen. Haseloff befürwortet eine Mischung aus Quarantänemaßnahmen und einem Beherbergungsverbot für Menschen, die aus Corona-Hotspots in andere Regionen reisen wollen - dies entspricht der derzeit geübten Praxis.

Haseloff zeigt sich zuversichtlich, dass sich Bund und Länder in den anstehenden Beratungen auf eine gemeinsame Linie verständigen können: "Wir sind alle interessiert daran, dass es eine einheitliche Vorgehensweise gibt." Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder hat bereits Zustimmung zu Ausreisesperren signalisiert.

Sachsen und Berlin werfen allerdings die Frage auf, wie derartige Sperren überwacht werden sollten. Die "zentrale Frage" sei, "inwieweit ist das umsetzbar", so Berlins SPD-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci im RBB. Grundsätzlich halte sie es für sinnvoll, wenn Menschen aus Corona-Hotspots zu Hause blieben, sagt Kalayci. Für Berlin sei das aber "schwierig", fügt sie hinzu. "Die Bezirke haben die Größenordnung von Landkreisen in anderen Bundesländern. Da kann man natürlich keine Reisebeschränkungen verhängen."

Ein Sprecher der sächsischen Staatskanzlei sagte der "Rheinischen Post", Ausreiseverbote seien ineffektiv, wenn sie nicht überwacht werden könnten. Der Bund habe noch keine präzisen Vorstellungen vorgelegt, wie die Kontrolle aussehen könne. Hier bedürfe es einer Klärung.

Quelle: ntv.de, joh/AFP

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