Politik

TV-Interview zur Imagepflege Macrons Krisenpolitik im Klassenzimmer

Emmanuel Macron will allen Widerständen zum Trotz an seinen Reformplänen festhalten.

Emmanuel Macron will allen Widerständen zum Trotz an seinen Reformplänen festhalten.

(Foto: dpa)

Angesichts der Proteste gegen seine Reformpolitik sieht Frankreichs Präsident Macron Erklärungsbedarf - ein seltenes Fernsehinterview in einer Grundschule soll die Gemüter beruhigen. Doch am Ende ist es ein internationaler Konflikt, der sich in den Vordergrund schiebt.

Der Schauplatz ist sorgsam gewählt: Eine blitzsaubere Grundschule in der Normandie, 150 Kilometer entfernt von der lärmenden Hauptstadt Paris. Ein knappes Jahr nach Amtsantritt will Emmanuel Macron auf drängende Fragen der Franzosen antworten: Wie geht es bei dem Bahnstreik weiter, wie an blockierten Universitäten? Doch es kommt anders. Denn der 40-Jährige steht im internationalen Rampenlicht. Er droht an der Seite seines US-Amtskollegen Donald Trump offen mit einem möglichen Militärschlag im bürgerkriegserschütterten Syrien. Der Herr des Élyséepalastes erläutert dem Moderator des Senders TF1 in einer Schulklasse, es gebe Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung.

Wie Trump bleibt Macron vage, wenn es um den Zeitpunkt für eine Entscheidung über einen möglichen Militärschlag geht. "Wir müssen Entscheidungen treffen, zu gegebener Zeit, wenn wir das für am nützlichsten und wirksamsten halten", lautet sein Credo. Das hört sich etwas zurückhaltender als noch am Dienstag, als Frankreichs Senkrechtstarter eine Entscheidung innerhalb weniger Tage angekündigt hatte.

Der wachsende Widerstand im Land gegen seine Reformpolitik kommt in dem 1100-Einwohner-Dorf Berd'huis dann doch noch zur Sprache. Der Staatschef, dem bislang alles mühelos zu gelingen schien, ist zwar nicht für alle derzeitigen Sozialkonflikte verantwortlich. Doch angesichts der Streikwelle bei der Bahn, die viele Franzosen im Alltag trifft, gibt es Unverständnis für seine manchmal abgehobene Attitüde. "Sein Schweigen wurde ohrenbetäubend", kommentierte die angesehene Zeitung "Le Monde".

"Wir gehen bis zum Ende", kündigt Macron nun vor laufenden Kameras an und meint damit die umstrittenen Reformpläne der Mitte-Regierung von Premierminister Édouard Philippe. Eine Privatisierung der hoch verschuldeten Bahngesellschaft SNCF stehe nicht auf der Tagesordnung, versichert der schnell sprechende Staatschef. Ob das Pendler und Reisende tröstet, ist eine andere Frage: Für Freitag und Samstag sind wieder Aktionen angekündigt, viele Züge dürften im Depot bleiben. 

Die linke Flanke bröckelt

Die linke Flanke des französischen Staatschefs bröckele, meinen Beobachter in Frankreich. Immer lauter wird der Vorwurf, sein Reformkurs komme vor allem Unternehmen und Investoren zugute. Macron, ein "Präsident der Reichen"? Nein, antwortet er. "Ich bin der Präsident aller Franzosen." Später ergänzt er entschlossen: "Schwierigkeiten halten mich nicht auf."

Ein weiteres TV-Interview ist bereits für diesen Samstag angekündigt. "Dass der Präsident der Republik gezwungen ist, zweimal in der gleichen Woche in den Ring zu steigen - ich weiß nicht, ob das ein Zeichen der Stärke ist", kommentiert der mächtige Gewerkschaftschef Philippe Martinez süffisant. "Macron muss von seinem Podest heruntersteigen und etwas mehr diesem Frankreich zuhören, das nicht zufrieden ist."

Aufhorchen lässt eine Umfrage des Ipsos-Instituts, wonach die Hälfte der Befragten Macrons Partei La République en Marche inzwischen dem konservativen Lager zurechnen - vor einem Jahr sei es nur ein Drittel gewesen, berichtete "Le Monde". Das Blatt spricht von einem "Alarm-Signal". Denn Macron hat immer versucht, sich jenseits des klassischen Rechts-Links-Schemas zu positionieren - und seinen Erfolg auch auf Unterstützer aus dem Mitte-Links-Lager gestützt.

Quelle: ntv.de, Christian Böhmer und Sebastian Kunigkeit, dpa

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