Politik

Hunderttausende bei Protest "Marsch der Gerechtigkeit" erreicht Istanbul

Gesäumt von hunderten von Polizisten traf Kilicdaroglu in Istanbul ein.

Gesäumt von hunderten von Polizisten traf Kilicdaroglu in Istanbul ein.

(Foto: imago/Depo Photos)

Um gegen die Verhaftung eines Kollegen zu protestieren, begibt sich der CHP-Vorsitzende Kemal Kilicdaroglu auf einen Marsch von Ankara nach Istanbul. 25 Tage später erreicht der Oppositionelle sein Ziel. Über hunderttausend Menschen nehmen ihn jubelnd in Empfang.

Hunderttausende jubelten Kilicdaroglu bei seiner Abschlussrede zum "Marsch der Gerechtigkeit" zu.

Hunderttausende jubelten Kilicdaroglu bei seiner Abschlussrede zum "Marsch der Gerechtigkeit" zu.

(Foto: REUTERS)

Kemal Kilicdaroglu hat mit seinem "Marsch für Gerechtigkeit" Istanbul und damit das Ziel seiner Route erreicht. Mehrere hunderttausend Menschen versammelten sich, um den türkischen Oppositionsführers zu empfangen. Die Veranstaltung im Istanbuler Stadtteil Maltepe bildet den Abschluss des mehr als drei Wochen andauernden "Marsches für Gerechtigkeit".

In 25 Tagen hatte der 68-jährige Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei CHP die Strecke von Ankara nach Istanbul zu Fuß zurückgelegt. Zuletzt folgten ihm täglich zehntausende Menschen auf seinem 450 Kilometer langen Marsch. Den letzten Kilometer legte der Oppositionelle aber alleine zurück. Die Menschen am Rand der Strecke skandierten "Recht, Justiz, Gerechtigkeit" und schwenkten Fahnen mit der Aufschrift "adalet" (Gerechtigkeit). Die Organisatoren sprachen von insgesamt mehr als zwei Millionen Teilnehmern.

Begonnen hatte Kilicdaroglu den Protestzug am 15. Juni, nachdem ein Istanbuler Gericht den CHP-Abgeordneten Enis Berberoglu wegen eines Artikels über geheime Waffenlieferung an islamistische Rebellen in Syrien zu 25 Jahren Haft verurteilt hatte.

Die Veranstaltung stand unter dem Slogan "adalet" (Gerechtigkeit).

Die Veranstaltung stand unter dem Slogan "adalet" (Gerechtigkeit).

(Foto: REUTERS)

"Wir werden von ungebildeten Leuten regiert"

"Dies ist der längste politische Marsch in der Weltgeschichte, sowohl was die Teilnahme, als auch seine Länge und Dauer betrifft", sagte der CHP-Abgeordnete Özgür Özel auf der letzten Etappe. "Millionen schreiben heute Geschichte." Es sei die größte Kundgebung der Opposition seit den Gezi-Protesten im Sommer 2013.

"Heute gibt es keine Gerechtigkeit mehr in der Türkei. Unsere Schriftsteller sind im Gefängnis, unsere Professoren sind im Gefängnis, unsere Intellektuellen, unsere Studenten", sagte die Demonstrantin Aynur auf der Abschlusskundgebung, während immer mehr Menschen mit weißen "adalet"-Fahnen auf das Gelände strömten. "Es gibt keine Armee mehr, keine Bildung mehr, und wir werden von ungebildeten Leuten regiert. Deshalb fordern wir Gerechtigkeit."

"Wir sind Tausende heute hier, die für die kommenden Generationen Gerechtigkeit wollen", sagte der Demonstrant Ali. Die meisten Demonstranten waren mit der Fähre oder Metro aus Istanbul gekommen, doch einige waren zusammen mit Kilicdaroglu den ganzen Weg marschiert.

Regierung verspricht Sicherheit

Während Kilicdaroglu zu Beginn nur begleitet von einigen hundert Polizisten über die Landstraße marschierte, fand die Kundgebung in Istanbul unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. CNN Türk berichtete unter Berufung auf den Gouverneur von Istanbul, insgesamt 15.000 Polizisten seien im Einsatz. Zudem wurde die Marschstrecke angesichts der Vielzahl an Teilnehmern weiträumig für den Verkehr gesperrt. Ministerpräsident Binali Yildirim versicherte, es werde alles Nötige getan, um die Sicherheit der Abschlusskundgebung zu garantieren. Er forderte die CHP jedoch auf, nach der Kundgebung ihren Protest zu beenden.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Kilicdaroglu zuvor wiederholt vorgeworfen, mit dem Marsch "Terroristen" zu unterstützen. Da der Marsch aber friedlich blieb, bedurfte es jedoch keiner Einschreitung der Sicherheitsbehörden. In den türkischen Medien fand der Protestzug zuletzt große Aufmerksamkeit. Während regierungstreue Zeitungen teils vom "Marsch der Verräter" schrieben, lobten andere Kolumnisten, dass es Kilicdaroglu erstmals gelungen sei, mit dem Marsch ein Thema zu setzen.

Kilicdaroglu war immer wieder vorgeworfen worden, Erdogan nicht entschieden genug entgegenzutreten. Auch in der eigenen Partei war kritisiert worden, dass er nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum vom 16. April seine Anhänger nicht zu Protesten auf die Straße rief.

Quelle: ntv.de, lou/AFP/dpa

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