Politik

"Wie sehr mich das beschämt" Merz kämpft bei Münchner Synagogen-Eröffnung mit den Tränen

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Bei den Novemberpogromen von 1938 wird die Synagoge an der Reichenbachstraße in München von den Nationalsozialisten massiv verwüstet. Knapp 87 Jahre danach wird sie nun feierlich wiedereröffnet. Bei dem Festakt zur Wiederherstellung zeigt sich Kanzler Merz gerührt.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich bei der Wiedereröffnung der Synagoge Reichenbachstraße in München sehr berührt gezeigt. Er schien mit den Tränen zu kämpfen. Während seiner Rede, in der er an die unmenschlichen Verbrechen der Nationalsozialisten an Juden erinnerte, wurde seine Stimme brüchig.

Er sei entsetzt darüber, dass Antisemitismus in Deutschland wieder aufgeflammt sei. "Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr mich das beschämt: als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, aber auch als Deutscher, als Kind der Nachkriegsgeneration, als Kind, das aufgewachsen ist mit dem "Nie wieder" als Auftrag, als Pflicht, als Versprechen", sagte Merz.

"Wir haben in Politik und Gesellschaft zu lange die Augen davor verschlossen, dass von den Menschen, die in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind, ein beachtlicher Teil in Herkunftsländern sozialisiert wurde, in denen Antisemitismus geradezu Staatsdoktrin ist, Israelhass schon Kindern vermittelt wird."

Er wünsche sich, "dass jüdisches Leben in Deutschland eines Tages wieder ohne Polizeischutz auskommt. Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen, dass dies nun schon seit Jahrzehnten offenbar notwendig ist", sagte Merz und betonte: "Ich sage von dieser Stelle aus deshalb jeder Form des alten und des neuen Antisemitismus in Deutschland namens der gesamten Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland den Kampf an."

Von den Nazis zerstört

Die Synagoge war am 5. September 1931 eröffnet worden. Der Architekt Gustav Meyerstein hatte die Reichenbachschul 1931 im Stil des Neuen Bauens errichtet. Rund sieben Jahre später in der Reichspogromnacht auf den 10. November 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten massiv verwüstet und anschließend als Werkstatt und Lager zweckentfremdet.

Die damaligen November-Pogrome seien "nur der Auftakt (...) für das Menschheitsverbrechen der Shoa" gewesen, sagte Merz mit gebrochener Stimme. "Auch heute noch müssen wir das Entsetzen darüber zulassen, dass die Allermeisten nicht geholfen haben." Nur so lasse sich verstehen, was es bedeutet habe, dass sich Jüdinnen und Juden entschlossen hätten, in Deutschland zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.

Die Synagoge in der Reichenbachstraße war nach einer notdürftigen Instandsetzung nach dem Krieg am 20. Mai 1947 wiedereröffnet worden. Nach dem Bau der neuen Synagoge in der bayerischen Landeshauptstadt stand die alte Synagoge ab dem Jahr 2006 leer und war dem Verfall ausgesetzt.

Für Gottesdienste wieder nutzbar

Nun wurde die Synagoge auf Betreiben von Rachel Salamander so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt, im minimalistischen Stil mit schlichten Holzbänken, farbigen Wänden und farbigen Bleiglasfenstern, auf denen rituelle Gegenstände und Psalmen zu sehen sind. Durch die Restaurierung soll die Synagoge Reichenbachstraße nun wieder für Gottesdienste nutzbar sein.

An dem Festakt nahmen unter anderem auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Oberbürgermeister Dieter Reiter sowie der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und Israels Botschafter Ron Prosor teil.

Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP

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