Raketen treffen Bahnhof Mindestens 50 Zivilisten sterben in Kramatorsk
08.04.2022, 11:26 Uhr
In einem Bahnhof in Kramatorsk warten Tausende darauf, die Ostukraine gen Westen verlassen zu können. Bei einem Raketenangriff kommt es zu einem Blutbad: Nach ukrainischen Angaben sterben mindestens 50 Menschen, rund 100 werden verletzt. Die Ukraine gibt russischen Truppen die Schuld, der Kreml bestreitet einen Angriff.
Die Zahl der Toten durch den Raketenangriff in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk ist nach offiziellen Angaben auf 50 gestiegen. Darunter seien fünf Kinder, sagte der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko. Bei dem Angriff auf den Bahnhof der Stadt seien zudem 98 Menschen verletzt worden, davon 16 Kinder.
Nach Angaben des Kramatorsker Bürgermeisters Olexander Hontscharenko warteten Tausende Menschen am Bahnhof auf ihre Evakuierung aus der Region. Die Stadt liegt in dem Teil des umkämpften ostukrainischen Gebiets Donezk, der von der Ukraine kontrolliert wird. Prorussische Separatisten erheben Anspruch auf das gesamte Verwaltungsgebiet. Die Menschen, die Koffer und Taschen bei sich hatten, wollten aus Angst vor Angriffen die Stadt verlassen. Laut Eisenbahnchef Olexander Kamischyn schlugen zwei Raketen ein.
Die ukrainische Seite machte russische Truppen verantwortlich. Gouverneur Pawlo Kyrylenko warf Russland vor, absichtlich auf Zivilisten gezielt zu haben. "Sie wollten so viele friedliche Menschen wie möglich als Geiseln nehmen, sie wollten alles Ukrainische zerstören", schrieb er bei Telegram. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete Russland in einer ersten Reaktion auf Instagram als "das grenzenlose Böse". Seinen Angaben zufolge handelte es sich bei den Geschossen um Raketen des Typs "Totschka-U". Auch die prorussischen Separatisten hatten vom Raketentyp "Totschka-U" gesprochen, aber zugleich betont, ukrainische Truppen hätten sie abgefeuert.
Kreml bestreitet Raketenangriff
Kramatorsk wird von ukrainischen Truppen kontrolliert, ist aber Ziel russischer Angriffe. Bei Telegram kursierte ein Video, das den Abschuss von zwei Raketen aus der Nähe von Schachtarsk zeigen soll. Die Stadt liegt in der von prorussischen Separatisten kontrollierten Region des Gebiets Donezk. Die Separatisten hatten zuvor ihrerseits ukrainischen Truppen die Schuld gegeben.
Der Kreml bestritt, für den Raketenangriff verantwortlich gewesen zu sein. "Unsere Streitkräfte nutzen diesen Raketentyp nicht", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Er bezog sich dabei auf den mutmaßlich verwendeten Typ "Totschka-U". Militärexperten bezweifeln diese Darstellung. Die "Totschka-U" gilt als weniger zielgenau als Raketen vom Typ "Iskander", die Russland häufig eingesetzt hat. "Außerdem gab es keine Kampfeinsätze in Kramatorsk und es waren heute auch keine geplant", sagte Peskow weiter.
Bereits am gestrigen Donnerstag geriet die mutmaßlich letzte unter ukrainischer Kontrolle stehende Eisenbahnlinie in den Westen der Ukraine unter Beschuss. "Zeitweilig sind in Slowjansk und Kramatorsk drei Evakuierungszüge blockiert", teilte Eisenbahnchef Kamischyn bei Telegram mit.
Mehrere Tausend Menschen konnten bereits aus der umkämpften Region entkommen. In den nächsten Tagen wird eine neue russische Offensive zur Eroberung ostukrainischer Städte erwartet. Kiew hatte verbliebene Zivilisten aufgefordert, die gefährdeten Gebiete unverzüglich zu verlassen. Millionen Ukrainer sind bereits im Inland auf der Flucht oder haben das Land ganz verlassen.
Quelle: ntv.de, ses/dpa/rts/AFP