Politik

Machtwechsel in Athen Mitsotakis drängt Tsipras aus dem Amt

Am Wahlabend in Griechenland liegt der konservative Herausforderer vorn: Prognosen zufolge zieht Oppositionsführer Mitsotakis mit seiner Nea Dimokratia deutlich an Tsipras bislang regierendem Syriza-Bündnis vorbei. Varoufakis und die Rechtsextremen müssen noch um ihren Einzug ins Parlament bangen.

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Griechenland zeichnet sich ersten Prognosen zufolge der erwarteten Machtwechsel ab: Die bisherige Oppositionspartei Nea Dimokratie (ND) dürfte demnach mit ihrem Spitzenkandidat Kyriakos Mitsotakis eine klare Mehrheit von bis zu 41,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erreichen.

Der bislang amtierende Regierungschef Alexis Tsipras muss dagegen als Chef des linken Parteienbündnisses Syriza deutliche Verluste verkraften. Auf der Grundlage von Nachwahlbefragungen errechneten Meinungsforscher für Syriza Stimmeinbußen von bis zu 5,5 Prozentpunkten, was einem prognostizierten Ergebnis von lediglich knapp 30 Prozent der Stimmen entspricht.

Sollten sich die Prognosen bestätigen, könnten sich Mitsotakis und die konservativen Kräften in Griechenland künftig auf eine sichere Mehrheit im Parlament stützen. Tsipras Herausforderer käme bei der Regierungsbildung voraussichtlich sogar ohne Koalitionspartner aus.

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Die Wahllokale schlossen um 18.00 Uhr (MESZ). Mit aussagekräftigeren Hochrechnungen ist Beobachtern zufolge erst im Lauf des Abends zu rechnen. Erste amtliche Ergebnisse auf Grundlage ausgezählter Stimmen und Hochrechnungen werden für kurz nach 20.00 Uhr erwartet.

Bonus-Regel im Athener Parlament

Für eine absolute Mehrheit im griechischen Parlament benötigt Mitsotakis 151 der insgesamt 300 Sitze. Den bisher vorliegenden Prognosen zufolge käme Nea Dimokratia auf 155 bis 167 Sitze. In Griechenland erhält die stärkste Partei einen Sieger-Bonus von 50 zusätzlichen Sitzen im 300-köpfigen Parlament. Diese Regelung soll die Regierungsbildung vereinfachen.

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Der Vorsprung von ND ist deutlich: Zweitstärkste Kraft im Parlament dürfte demnach Syriza mit 77 - 82 sitzen werden. Um die Position der drittstärksten Fraktion ringen derzeit noch die sozialdemokratische Partei "Bewegung des Wandels" (KINAL) um Spitzenkandidatin Fofi Gennimata (19 bis 22 Sitze) und die kommunistische KKE von Parteichef Dimitris Koutsoumbas  (16 bis 19 Sitze).

In den Wochen vor der Wahl hatte sich ein Machtwechsel in Griechenland bereits abgezeichnet. Übereinstimmend sahen die Meinungsforschern Mitsotakis' ND vorn. Beobachter führten die Schwäche vom linken Regierungschef Tsipras und seiner Partei Syriza auf die Steuerpolitik und die harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zurück, die hauptsächlich die Mittelklasse getroffen haben.

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Ein großer Teil des Mittelstands, der in Griechenland traditionell über den Ausgang der Wahlen entscheidet, dürfte sich demnach von Syriza abgewandt haben und stattdessen eher auf die Konservativen setzen. Auch viele Rentner kehrten den Linken den Rücken, nachdem Tsipras mehrere Einschnitte bei den Rentenzahlungen durchgesetzt hatte. Zudem konnte die Nea Dimokratia bereits bei den Europawahlen im Mai stark bei jungen Wählern punkten.

Als drittstärkste Kraft dürfte KINAL mit rund 7 Prozent ins Parlament einziehen, gefolgt von der Kommunistischen Partei (KKE) mit rund 6 Prozent. Die Partei "Europäische realistische Ungehorsamsfront" (MeRA25) des ehemaligen griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis muss noch bangen.

Varoufakis knapp vor den Rechten

Varoufakis' linksliberale MeRA25 liegt laut Prognosen nur knapp über drei Prozent, und damit nah an jener Prozenthürde, die in Athen über den Einzug ins Parlament entscheidet. Unklar ist ebenfalls noch, ob es die rechtsextremistische "Goldene Morgenröte" und die rechtspopulistische Partei "Griechische Lösung" bis ins Parlament schaffen.

Mitsotakis' Partei gilt als proeuropäisch und wirtschaftsfreundlich. Er versprach während des Wahlkampfes, die Privatisierungen zu fördern, mit der Senkung von Steuern die Wirtschaft anzukurbeln und damit auch die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Zurzeit sind mehr als 18 Prozent der Griechen ohne Job. Auch Tsipras hatte im Wahlkampf versprochen, sich um die Mittelklasse zu kümmern.

Wahlberechtigt sind offiziellen Angaben zufolge rund zehn Millionen Bürger. Da Griechenland aber nur knapp elf Millionen Einwohner zählt, gelten die Zahlen als wenig belastbar. Mehr als drei Millionen griechische Staatsbürger leben im Ausland und sind theoretisch wahlberechtigt. In Deutschland etwa wohnen rund 375.000 Griechen.

Weil es in Griechenland keine Briefwahl gibt, fallen die Stimmen der Auslandsgriechen in der Regel weg, es sei denn, sie reisen eigens zur Wahl in die Heimat. Zudem wird vermutet, dass in griechischen Wahllisten bis heute etliche Tote aufgeführt sind, was die Zahl der potenziellen Wähler ebenfalls verfälschen könnte. Griechische Medien gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Wahlberechtigten bei rund 6,5 Millionen liegt.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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