"In Zeiten der Krise" Nahles steht bei der SPD alleine da
31.05.2019, 08:02 Uhr
"Zukunft in Arbeit": SPD-Chefin Andrea Nahles will sich nach dem Debakel bei der Europawahl als Fraktionschefin bestätigen lassen (Archivbild).
(Foto: imago images / Metodi Popow)
Wie geht es weiter mit der SPD? Bei der anstehenden Neubesetzung der Parteispitze gibt es keine Gegenkandidaten zu Nahles - zumindest wagt sich bislang niemand aus der Deckung. In den Reihen der Sozialdemokraten rumort es aber offenbar gewaltig.
Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs rechnet nicht mit einer Kampfabstimmung um den Vorsitz der SPD-Fraktion. "Wer sich hätte melden wollen, hätte das am Mittwoch tun können. Und meiner Meinung nach auch tun müssen", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises - einer konservativen SPD-Strömung, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er glaube, es werde am kommenden Dienstag nur eine Kandidatin geben, und die werde auch gewählt werden.
"Sozialdemokraten sind in Zeiten der Krise solidarisch", sagte Kahrs. Allerdings soll Nahles bei Probeabstimmungen in den drei Parteigruppen am Mittwoch keine Mehrheit erhalten haben. Sowohl im Seeheimer Kreis, bei den Netzwerkern und den Parteilinken habe es "nicht annähernd eine Mehrheit für Nahles gegeben", berichten die Zeitungen der VRM-Gruppe unter Berufung auf Parteikreise.
Es sei deshalb wahrscheinlich, dass sich bis zum Ablauf der festgesetzten Frist am Montag noch Konkurrenten für Nahles melden. Selbst wenn sich in den Reihen der SPD niemand als Gegenkandidat gegen Nahles aufstellen lassen wollte, muss die bisherige Fraktionschefin um ihren Posten fürchten. Sollte Nahles im Fall eines Votums ohne Gegenkandidaten ein sehr schwaches Ergebnis einfahren, sei sie wohl ebenfalls nicht zu halten, hieß es.
Nach Informationen der Zeitungen gibt es zudem Überlegungen, den für Dezember geplanten Bundesparteitag vorzuziehen und noch vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg abzuhalten. In den beiden ostdeutschen Bundesländern wird jeweils am 1. September gewählt. Um dort einen erfolgreichen Wahlkampf führen zu können, wäre es aus der Sicht vieler Parteistrategen sehr hilfreich, wenn die SPD-Spitze ihre Führungsfragen bis dahin geklärt haben könnte. Bis zu den beiden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg bleiben der SPD nur noch 13 Wochen.
"Kein Machthebel" wie AKK und Merkel?
Im Falle einer Niederlage bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands dürfte Nahles wohl auch als SPD-Vorsitzende zurücktreten. Das zumindest berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Nahles-Vertraute. Beide Ämter seien eindeutig miteinander verbunden, heißt es. Als Parteichefin habe sie - ohne den Vorsitz in der Fraktion - "keinen Machthebel, kann nichts bewirken". Dass eine solche Loslösung von Partei- und Fraktionsvorsitz "nicht funktioniert", sehe man "am Beispiel von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer".
Ähnlich sollen sich nach dpa-Informationen mehrere Teilnehmer der Fraktionssitzung vom Mittwoch geäußert haben. Diesen Angaben zufolge soll sich Nahles selbst dieser Einschätzung in kleinerer Runde angeschlossen haben.
Nach dem Absturz bei den Wahlen zum EU-Parlament und in Bremen war eine Debatte über Nahles' Rolle in der SPD entbrannt. Nahles forderte ihre Kritiker daraufhin auf, zur Klärung der Machtfrage gegen sie anzutreten. Der Fraktionsvorstand beschloss zuletzt, die eigentlich für September geplante Neuwahl vorzuziehen - genau wie Nahles vorgeschlagen hatte. Allerdings hat sich bis dato noch kein Gegenkandidat gefunden. Unter anderem winkte der für den Posten gehandelte Ex-Parteichef Martin Schulz ab.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa