"Ein Menschenrechtsverbrechen" Niedersachsen schiebt Uigurin nach China ab
09.11.2025, 12:12 Uhr Artikel anhören
Die muslimische Minderheit der Uiguren ist in China massiver Repression ausgesetzt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Folter, Verfolgung und Repressionen: In China droht der Minderheit der Uiguren systematische Gewalt. Eine uigurische Frau wird dennoch dorthin abgeschoben. Das niedersächsische Innenministerium bezieht Stellung.
Niedersachsen hat eine Uigurin aus der chinesischen Region Xinjiang nach China abgeschoben, wo ihr möglicherweise eine Haftstrafe oder Umerziehungsmaßnahmen drohten. Nach Recherchen des "Spiegel" hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zuvor die Türkei als Zielstaat festgelegt. Die Ausländerbehörde im Landkreis Rotenburg an der Wümme setzte sich offenbar darüber hinweg. Der Anthropologe Adrian Zenz, der seit vielen Jahren zur Verfolgung der Uiguren forscht, sprach von einem "handfesten Skandal, einem niedersächsischen Menschenrechtsverbrechen".
Dem Bericht zufolge war die 56-jährige Reziwanguli Baikeli am 3. November per Linienflug von Frankfurt nach Peking gebracht worden. Die Frau gehört zur muslimischen Minderheit der Uiguren, die in China massiver Repression ausgesetzt ist. Nach ihrer Ankunft in Peking blieb sie unbehelligt und konnte über Dubai in die Türkei weiterreisen und ist inzwischen in Istanbul.
Das niedersächsische Innenministerium erklärte auf Anfrage des Magazins, es sei über die Abschiebung nicht informiert worden. Innenministerin Daniela Behrens sprach von einem "bedauerlichen Fall" und sagte: "Es ist selbstverständlich nicht das Ansinnen der Landesregierung, dass Angehörige der uigurischen Minderheit nach China abgeschoben werden."
Abschiebungen praktisch ausgesetzt
Der Grünen-Rechtspolitiker Helge Limburg sprach von einem "Verstoß gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention". Es sei "völlig unverständlich, warum nicht zumindest eine Abschiebung in die Türkei vorgenommen wurde".
Nach Angaben des Landkreises Rotenburg habe man "die Vorgaben des Bamf umgesetzt", berichtet der "Spiegel". In einem Brief vom 19. Juni 2025 habe ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Rotenburg Baikeli darauf hingewiesen, dass das Bamf sie zur Ausreise in die Türkei aufgefordert habe: "Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, wurde Ihnen die Abschiebung in die Türkei angedroht." Weil sie jedoch keine türkischen Ausweisdokumente besitze, "teile ich Ihnen mit, dass Sie im Falle einer Abschiebung nicht in die Türkei abgeschoben werden, sondern nach China".
Ein ähnlicher Fall hatte 2018 für Schlagzeilen gesorgt: Damals war ein 22-jähriger Uigure aus München nach China abgeschoben worden, obwohl sein Asylfolgeantrag bereits eingegangen war. Ursache war ein Kommunikationsfehler zwischen Behörden. Seither gelten Abschiebungen von Uiguren nach China als praktisch ausgesetzt.
Quelle: ntv.de, raf