Politik

Assads Familie angeblich auf der Flucht Opposition will nicht verhandeln

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Die russische Politik im Syrienkonflikt stößt bei Gegnern Assads auf Ablehnung. Vor der russischen Botschaft in Kairo wird ein Portrait von Premier Putin verbrannt.

(Foto: dpa)

Moskau hält bisher treu zu Syriens Diktator Assad. Nun lädt die russische Regierung das Regime und Oppositionelle zu Verhandlungen ein. Doch letztere winken ab. Kein Wunder, denn die Kämpfe zwischen Deserteuren und Regierungstruppen nähern sich Damaskus. Die Lage wird so brenzlig, dass angeblich auch Assads Familie flüchten will.

Die syrische Opposition hat Verhandlungen mit der Führung in Damaskus vor einem Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad ausgeschlossen. Der Präsident des Syrischen Nationalrats, Burhan Ghaliun, erteilte damit einem Vorschlag der russischen Regierung eine Absage, informelle Gespräche in Moskau abzuhalten.

Ghaliun sagte, der Rücktritt von Staatschef Assad sei die Bedingung, um Verhandlungen über einen Übergang Syriens in eine Demokratie einzuleiten. Russlands Versuche, Assad an der Macht zu halten, seien "unrealistisch" sagte er. Das russische Außenministerium hatte zuvor mitgeteilt, die syrische Führung sei zu informellen Gesprächen mit Vertretern der Opposition bereit. Das Angebot der russischen Regierung, solche Gespräche zur Beilegung der Krise in Moskau abzuhalten, sei von Damaskus "positiv beantwortet" worden, hieß es.

Kurz vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu Syrien nähert sich derweil der Aufstand immer mehr der Hauptstadt Damaskus. Aktivisten berichteten von Kämpfen mit mehr als 50 Toten. Unbestätigten Gerüchten zufolge versuchten zudem die Frau und Söhne von Präsident Baschar al-Assad das Land zu verlassen. Sie wurden demnach daran gehindert. Beobachter befürchten einen Bürgerkrieg.

Kämpfe nähern sich Damaskus

Die russische Regierung hat seit Sowjetzeiten enge Kontakte zur syrischen Führung. Moskau hatte seinem Verbündeten gerade Kampfflugzeuge im Wert von 427 Millionen Euro verkauft. Zudem unterhält die russische Marine in Syrien einen wichtigen Stützpunkt. Als Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat verhinderte Russland bislang die Verabschiedung einer Resolution, in der die Führung in Damaskus für das Blutvergießen verantwortlich gemacht worden wäre oder die einen Machtwechsel in Syrien gefordert hätte. Auch Sanktionen oder ein Waffenembargo scheiterten stets an Russland.

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Rauch steigt über einem Vorort von Damaskus auf.

(Foto: REUTERS)

Unterdessen gab es nach Angaben von Augenzeugen nur noch wenige Kilometer vom Stadtzentrum Damaskus' entfernt in der Nacht heftige Gefechte zwischen Regierungstruppen und Aufständischen. Die von Deserteuren gegründete "Freie Syrische Armee" hatte nach eigenen Angaben . Sie musste sich aber später nach Angriffen von Regimesoldaten wieder zurückziehen.

In der Nacht wurden Kämpfe aus Gebieten nur acht Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt entfernt gemeldet. Schließlich stationierte die Regierung loyale Einheiten in den Vororten. Die Straße zum internationalen Flughafen von Damaskus sei ebenfalls vorübergehend blockiert gewesen, als Mitglieder des syrischen Geheimdienstes zur Opposition überliefen. Mindestens 27 Menschen kamen laut Aktivisten bei den Kämpfen im Vorort al-Gottah ums Leben, auch in den Protesthochburgen Homs, Hama und Idlib gab es wieder Tote. Landesweit zählten Oppositionskräfte 53 Todesopfer.

Familie Assads an Flucht gehindert

Unbestätigten Gerüchten zufolge sollen einige Familienmitglieder Assads an einem Versuch gehindert worden sein, das Land zu verlassen. Die ägyptische Tageszeitung "Al-Masry Al-Youm" berichtete unter Berufung auf syrische Quellen, dass es sich dabei um die Frau, die Mutter, die Söhne und einen Cousin des Präsidenten gehandelt habe. Regimesoldaten hätten anschließend zur Vergeltung 17 Verwandte eines führenden Deserteurs aus dem syrischen Geheimdienst getötet, hieß es.

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Immer mehr Soldaten sollen sich dem Widerstand anschließen.

(Foto: REUTERS)

Syrische Menschenrechtler berichteten zudem, dass ein prominenter Mitbegründer der immer größer werdenden "Freien Syrischen Armee" hingerichtet worden sei. Hussein Harmusch, der sich nach seiner Fahnenflucht öffentlich erklärt hatte, war Anfang September aus einem türkischen Flüchtlingslager verschwunden und zwei Wochen später im syrischen Staatsfernsehen vorgeführt worden.

In der zentralsyrischen Provinz Homs wurde laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Sana ein Sabotageakt auf die Gas-Pipeline zwischen Homs und Banias verübt. Dabei seien 460.000 Kubikmeter Gas entwichen. Seit dem Beginn der Protestwelle im März 2011 wurden bereits wiederholt auch Netzwerke für Energieversorgung angegriffen.

Araber stellen ihre Pläne vor

Ein Militärexperte, der anonym bleiben wollte, sagte in Beirut, dass die aktuellen Kämpfe in und rund um Damaskus zwar noch nicht zum Sturz des syrischen Regimes führten, aber die Regierung durchaus aufschrecken dürften. Die Deserteure seien schlecht ausgerüstet, betonte er. Aber sie hätten dennoch einige Gebiete für mehr als 48 Stunden unter ihre Kontrolle bringen können. Das zeige, wie schwer es für Assad sei, die Hauptstadt auf Dauer stabil zu halten.

Am Dienstag wollte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, in New York beim UN-Sicherheitsrat über den Konflikt in Syrien referieren und das weitere Vorgehen beraten. Wegen der eskalierenden Gewalt hat die Liga . Der Plan der Arabischen Liga sieht einen Abtritt Assads und Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition vor.

Die meisten Mitglieder des Sicherheitsrats, darunter auch Deutschland, sprechen sich für eine scharfe Resolution gegen die Assad-Regierung aus. Der russische Vize-Außenminister Gennadi Gatilow bekräftigte, Russland werde den Resolutionsentwurf nicht unterstützen. Das Dokument enthalte "problematische Formulierungen". US-Außenministerin Hillary Clinton verurteilte derweil die jüngste Eskalation der Gewalt scharf und rief den UN-Sicherheitsrat zum Handeln aufgerufen. Das höchste UN-Gremium müsse "eine klare Botschaft der Unterstützung an das syrische Volk senden: Wir sind mit Euch", sagte Clinton.

Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) stellte sich dagegen hinter den Plan der Arabischen Liga für eine Lösung des innenpolitischen Konflikts in Syrien. OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu forderte den UN-Sicherheitsrat auf, den Schutz der Zivilisten in Syrien zu gewährleisten. Täglich gebe es "Dutzende Opfer unter den Zivilisten", dazu könne die Weltgemeinschaft "nicht länger schweigen", erklärte Ihsanoglu.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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