Von maskierten Männern abgeführt Oppositionsanwalt in Belarus festgenommen
09.09.2020, 10:57 Uhr
Das Verschwinden von Regierungskritikern feuert die Proteste in Belarus zusätzlich an. Immer wieder geht die Polizei gegen Demonstranten vor.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach Maria Kolesnikowa verschwindet in Belarus ein weiterer Oppositionspolitiker. Maxim Snak soll von maskierten Männern festgenommen worden sein. Damit ist nur noch ein Mitglied des regierungskritischen Koordinierungsrats auf freiem Fuß.
Ein weiterer belarussischer Oppositionspolitiker ist Medienberichten zufolge festgenommen worden. Maxim Snak sei vom staatlichen Ermittlungskomitee in Gewahrsam genommen worden, meldete die Nachrichtenagentur RIA. Nach Angaben seiner Unterstützer sei er von "maskierten Männern" festgenommen worden. Wie der Pressedienst des oppositionellen Koordinationsrates auf Telegram mitteilte, wollte Oppositionsanwalt Snak am Mittwochmorgen an einer Videokonferenz teilnehmen, blieb dieser aber fern. Die Gruppe veröffentlichte ein Foto von Snak, wie er von maskierten Männern abgeführt wird.
Die Opposition in Belarus hat nach eigenen Angaben den Kontakt zu Snak verloren. Der Jurist sei nach einem kurzen Telefonat nicht mehr erreichbar, teilte ein Sprecher dem Internetportal tut.by mit. Snak habe ihm nur noch sagen können, dass Maskierte zu ihm gekommen seien. Dann sei die Verbindung abgebrochen. Ein Anwalt des Oppositionellen sagte, dass Snaks Wohnung durchsucht worden sei und das Ermittlungskomitee gegen ihn vorgehe. Die genauen Gründe seien unbekannt.
Bekanntes Gesicht der Opposition
Der 39-jährige Snak ist eines der bekanntesten Gesichter des Minsker Koordinierungsrates. Die Behörden gehen gegen das Gremium vor, die meisten Mitglieder wurden festgenommen oder zur Ausreise gedrängt. Der Jurist und die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch waren zuletzt die einzigen Mitglieder, die noch in Belarus und in Freiheit waren. Der Koordinierungsrat stellt sich gegen den autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko und will einen friedlichen Machtwechsel erreichen. Seine zentrale Forderung ist ein Dialog mit der Staatsmacht, Neuwahlen anzusetzen und politische Gefangene freizulassen. Lukaschenko lehnt aber einen Dialog mit den Mitgliedern des Gremiums ab.
Am Montag war Snaks Mitstreiterin Maria Kolesnikowa nach Angaben der Opposition von Unbekannten in Minsk entführt worden. Am Dienstag hatten Augenzeugen gesagt, sie habe sich an der Grenze einer Abschiebung in die Ukraine widersetzt. Nach Angaben des belarussischen Grenzschutzes befindet sie sich derzeit "in Gewahrsam". Die Agentur Interfax Ukraine hatte unter Berufung auf die Regierung in Kiew gemeldet, Kolesnikowa habe ihren Pass zerrissen, um eine Abschiebung zu verhindern.
"Die Methoden der Macht sind empörend"
Die Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja, die im Exil im EU-Land Litauen lebt, verurteilte das Vorgehen der Behörden in den sozialen Medien. "Die Methoden der sogenannten Macht sind empörend." Das Verschwinden von Snak sollte, wie auch die anderen Fälle, sofort aufgeklärt werden, sagte sie. "Zweifellos hat Lukaschenko Angst vor Verhandlungen und versucht, die Arbeit des Rates zu lähmen und seine Mitglieder einzuschüchtern."
In Belarus kommt es seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko Anfang August regelmäßig zu Massenprotesten. Die Opposition wirft dem seit 26 Jahren autoritär regierenden Staatschef Wahlbetrug vor.
Quelle: ntv.de, chf/rts/dpa/AFP