Revanche nach iranischem Angriff Pakistan greift Ziele im Iran an
18.01.2024, 05:30 Uhr
Nach einem iranischen Luftangriff, bei dem zwei Kinder in Pakistan ums Leben kamen, greift das Nachbarland laut dem Geheimdienst Ziele im Iran an. Dortige Medien berichten von Explosionen im Grenzgebiet. Dabei soll es zahlreiche Todesopfer geben.
Pakistan hat nach einem iranischen Luftangriff auf sein Territorium nach eigenen Angaben seinerseits Extremisten im Iran angegriffen. Das pakistanische Außenministerium sprach von "gezielten militärischen Präzisionsangriffen gegen Terroristen-Verstecke in der iranischen Provinz Sistan-Balutschistan" im Südosten des Nachbarlandes. Dabei seien mehrere "Terroristen" getötet worden. Iranische Staatsmedien meldeten den Tod von neun Menschen.
Das pakistanische Außenministerium erklärte, die Angriffe seien angesichts "glaubwürdiger Geheimdienstinformationen" über bevorstehende "terroristische Aktivitäten von großem Ausmaß" beschlossen worden. "Pakistan respektiert die Souveränität und territoriale Integrität der Islamischen Republik Iran vollkommen", fügte das Ministerium hinzu. Die Angriffe hätten lediglich Pakistans Sicherheit gedient. Ein pakistanischer Geheimdienstvertreter hatte zuvor gesagt, die Angriffe hätten "anti-pakistanischen militanten Gruppen" im Iran gegolten.
Das iranische Staatsfernsehen berichtete, bei einem pakistanischen Raketenangriff auf ein Dorf in Grenznähe seien drei Frauen und vier Kinder getötet worden. Bei den Todesopfern handle es sich nicht um iranische Staatsbürger. Die Nachrichtenagentur Irna meldete später unter Berufung auf einen Behördenvertreter, auch zwei Männer seien getötet worden.
Iran beteuert: Angriff richtete sich gegen Pakistan
Die iranische Nachrichtenagentur Mehr sprach von einem "Drohnen- und Raketenangriff" auf die Stadt Sarawan, die in der an Pakistan angrenzenden Provinz Sistan-Balutschistan liegt. Irna hatte zuvor von Explosionen rund um die Stadt berichtet. Der Iran verlange von den pakistanischen Behörden eine "sofortige Erklärung zu dem Vorfall", zitierten Staatsmedien einen "informierten Beamten". Der Vorfall führte zu weiteren Konsequenzen auf diplomatischer Ebene zwischen beiden Ländern. Der Iran bestellte nach Angaben der Nachrichtenagentur Tasnim den pakistanischen Geschäftsträger ein.
Zuvor hatte die Regierung in Islamabad ihren Botschafter im Iran zurückberufen und verwehrte dem Gesandten Teherans, der sich im Iran aufhielt, die Wiedereinreise ins Land. Pakistan reagierte damit auf einen Luftangriff auf sein Territorium mit zwei getöteten Kindern am Dienstag, für den Islamabad Teheran verantwortlich machte. Islamabad bezeichnete den Angriff als "unprovozierte und eklatante Verletzung der pakistanischen Souveränität durch den Iran".
Der Iran sprach von einem Angriff gegen die sunnitische Dschihadistengruppe Dschaisch al-Adl auf pakistanischem Territorium. Der Angriff habe sich nicht gegen Pakistaner gerichtet, beteuerte der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian am Rande des Weltwirtschaftsforums im schweizerischen Davos: Es seien "keine Staatsangehörigen des befreundeten (...) Landes Pakistan von iranischen Raketen und Drohnen angegriffen" worden.
China will vermitteln
Dschaisch al-Adl wurde 2012 von ehemaligen Mitgliedern einer radikalen sunnitischen Bewegung gegründet. In den vergangenen Jahren verübte die Gruppe mehrere Anschläge im Iran, wo sie als Terrororganisation eingestuft ist. Im Dezember bekannte sich die Gruppe zu einem Anschlag mit elf Toten auf das Polizeipräsidium in der Stadt Rask im Südosten des Iran.
Angesichts der "aktuellen Entwicklungen" werde Pakistans Interims-Premierminister Anwaar-ul-Haq Kakar seinen Besuch beim Weltwirtschaftsforum in Davos verkürzen, sagte eine pakistanische Außenamtssprecherin in Islamabad. China, ein enger Verbündeter des Iran und Pakistans, erklärte sich eigenen Angaben zufolge bereit, zwischen beiden Ländern zu vermitteln.
Pakistan und der Iran werfen sich immer wieder gegenseitig vor, Extremisten von ihrem Territorium aus Angriffe auf das andere Land verüben zu lassen. Die jüngsten Luftangriffe des Iran und Pakistans verschärfen die Spannungen in der Region inmitten des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und der Angriffe der Huthi im Jemen auf Schiffe im Roten Meer, auf welche die USA mit Angriffen auf Stellungen der vom Iran unterstützten Miliz reagiert haben.
Zuletzt hatte der Iran eigenen Angaben zufolge auch Angriffe auf "Spionagezentralen" und "anti-iranische terroristische" Ziele in Syrien und im Irak gestartet. Die USA verurteilten die iranischen Angriffe in Pakistan, Syrien und im Irak. Teheran habe in den vergangenen Tagen "die souveränen Grenzen von drei seiner Nachbarn verletzt", sagte Außenamtssprecher Matthew Miller.
Quelle: ntv.de, ses/mli/AFP