Politik

Gestus nur nach außen groß Palmers Anwalt moniert grüne "Unkultur"

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Palmers Verdienste um die Programmatik der Grünen werden seinem Anwalt Rezzo Schlauch zufolge nicht genug gewürdigt.

(Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER)

Die Grünen wollen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer loswerden. Dessen Anwalt spricht in einer offiziellen Erwiderung zum Ausschlussantrag von einem "eingeengten Bequemlichkeitskorridor" bei den Grünen, der so gar nicht zur Tradition der Grünen in Baden-Württemberg passe.

Im Parteiausschlussverfahren gegen den Grünen-Politiker Boris Palmer hat dessen Anwalt Rezzo Schlauch der Partei eine "neue Unkultur der Verhinderung von Diskussionen" und "verordnete Friedhofsruhe" vorgeworfen. Die Grünen, schreibt Schlauch in seiner offiziellen Erwiderung auf den Ausschlussantrag des baden-württembergischen Landesvorstands, träten nach außen "mit großem Gestus" als "die Partei der Diversität" auf - nach innen werde genau das jedoch "nicht praktiziert", wie der Fall Palmer belege. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Montagsausgabe. Der 55-seitige Schriftsatz ist dem Landesschiedsgericht der Grünen am Freitag zugegangen, er liegt der SZ vor. Die mündliche Anhörung in dem Verfahren soll nach Ostern stattfinden.

Palmer, argumentiert der frühere Bundestagsfraktionschef Schlauch, sei "ohne Frage ein unbequemer Demokrat" und habe zu einer "emotionalisierten Stimmung" beigetragen. Aber er habe den Grünen keinen Schaden zugefügt, sondern sei vielmehr "ein außergewöhnlicher Aktivposten" für die Partei.

Durch die "rastlosen Initiativen" des OBs Palmer sei Tübingen "immer wieder Pionierstadt für grüne Themen" wie Klimaschutz und Mobilität gewesen und habe "Lösungen" entwickelt, die sich später im grünen Parteiprogramm wiedergefunden hätten. Tübingen habe etwa als erste Stadt eine Solarpflicht für Neubauten eingeführt. Die Verdienste Palmers um "grüne Programmatik" bei der Bewertung seiner Person "komplett auszuklammern", so Schlauch, sei "politisch und rechtlich eine grobe Fehlleistung" der Autoren des Ausschlussantrags. Dieser sei insofern "vollumfänglich unbegründet".

Schlauch: Palmers Streitbarkeit gehört zur "DNA der Partei"

In einem historischen Exkurs macht Schlauch geltend, dass die Grünen gerade in Baden-Württemberg seit ihrer Gründung "ein breitest denkbares Spektrum" an Mitgliedern umfassten. Das Prinzip "Einheit in der Vielfalt" habe wesentlich zum Erfolg der Partei beigetragen. Diese Vielfalt, so Schlauch, könne damals wie heute nicht "auf einen konfliktfreien oder per Mehrheitsbeschluss eingeengten Bequemlichkeitskorridor reduziert werden". Die "Diskussionsleidenschaft und Streitbarkeit", die Palmer ausstrahle, gehöre zur "DNA der Partei".

Der große Schaden, den Palmer den Grünen laut Landesvorstand zugefügt habe, könne schon deshalb nicht existieren, weil sich seit seinem Amtsantritt als Tübinger OB fast alle Wahlergebnisse der Partei in der Stadt stetig verbessert hätten. Erst jüngst hätten 69 Prozent der Bürger in einer Forsa-Umfrage ihre Zufriedenheit mit der Arbeit des OB bekundet. Bei der Tübinger OB-Wahl im Herbst will Palmer als unabhängiger Kandidat antreten.

Quelle: ntv.de, mpe

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