Gegen Populismus-Vorwürfe Premier Sunak verteidigt Klima-Kehrtwende
21.09.2023, 11:39 Uhr Artikel anhören
Sunak verspricht eine bessere Zukunft, Opposition und Wirtschaft sehen das kritisch.
(Foto: via REUTERS)
Die Aufregung nach der Kehrtwende, die Großbritanniens Premierminister Sunak bei der Klimapolitik anstrebt, ist groß. Neben der Opposition beschweren sich auch britische Unternehmen, die von den Änderungen der Ziele profitieren sollten. Sunak verteidigt seine Maßnahmen.
Nach seiner Kehrtwende in der Klimapolitik hat der britische Premierminister Rishi Sunak Vorwürfe zurückgewiesen, er verlangsame den Kampf gegen den Klimawandel. Die Regierung werde die britischen Klimaziele weiter einhalten, die ehrgeiziger seien als die der meisten anderen Industriestaaten, sagte der konservative Regierungschef der BBC. "Wir haben durchweg mehr geliefert", sagte Sunak. Die geplanten Änderungen seien aber im Interesse der Bevölkerung.
Sunak hatte überraschend zahlreiche Maßnahmen angekündigt, die nach Ansicht von Experten die bisherige britische Klimapolitik aufweichen. So soll das Aus für Neuwagen mit Verbrennermotoren von 2030 auf 2035 verschoben werden. Bei bestehenden Gas- und Ölheizungen soll es keine Frist zur Umstellung auf Wärmepumpen mehr geben. Klimaschützer und die Opposition, aber auch die Autoindustrie und einige Abgeordnete seiner Konservativen Partei kritisierten Sunaks Vorstoß scharf.
"Ich glaube an Netto-Null und ich will es liefern", sagte Sunak mit Blick auf das britische Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Es gehe aber nicht darum, "kurzfristigen Schlagzeilen hinterherzujagen", sondern um ausgewogene Maßnahmen, die den Verbrauchern keine hohen Kosten aufbürden. "Ich lasse mich nicht davon abhalten, das zu tun, was meiner Meinung nach für die langfristige Zukunft unserer Kinder richtig ist", sagte der Premierminister.
Kritik auch aus Wirtschaft
Kritiker werfen Sunak vor, angesichts schwacher Umfragewerte auf populistische Parolen zu setzen, anstatt an langfristige Folgen zu denken. Die Kehrtwende könnte zu einer Spaltung der regierenden konservativen Tories führen. Medienberichten zufolge haben einige Abgeordnete einen Brief zur Abhaltung eines Misstrauensvotums vorbereitet. Der ehemalige britische Premier und Klimaneutralität-Befürworter Boris Johnson warnte, dass "wir es uns nicht leisten können, jetzt zu zögern oder in irgendeiner Weise unseren Ehrgeiz für dieses Land zu verlieren". Johnson hatte in seiner Regierungszeit die Frist für das Benzinerverbot festgelegt.
Der für Energiefragen zuständige Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei, Ed Miliband, sprach von einer "kompletten Farce einer Tory-Regierung, die buchstäblich nicht weiß, was sie Tag für Tag tut". Für kommendes Jahr wird eine Parlamentswahl in Großbritannien erwartet. Die Tories liegen in Umfragen deutlich hinter Labour.
Kritik an der Verwässerung der Klimapolitik kam auch aus der britischen Wirtschaft. "Unsere Unternehmen brauchen drei Dinge von der britischen Regierung: Ehrgeiz, Verbindlichkeit und Beständigkeit", erklärte die Chefin des Automobilherstellers Ford in Großbritannien, Lisa Brankin. Eine Abschwächung des 2030-Ziels "untergräbt alle drei", kritisierte sie. Der Auto-Lobbyverband SMMT sprach von "Verwirrung und Unsicherheit".
Quelle: ntv.de, ara/dpa/AFP