Wohin fließen EU-Milliarden? Prüfer kritisieren türkische Flüchtlingshilfe
13.11.2018, 14:58 Uhr
Von der türkischen Küstenwache aufgegriffene Flüchtlinge warten auf ihren Weitertransport in ein Flüchtlingslager.
(Foto: dpa)
Seit 2016 erhält die Türkei EU-Gelder für die Rücknahme syrischer Flüchtlinge. Doch wohin das Geld genau fließt - und ob tatsächlich alles bei den Flüchtlingen ankommt - lassen die türkischen Behörden offen. Sie berufen sich auf den Datenschutz.
Der Rechnungshof der Europäischen Union hat den Umgang der Türkei mit den Milliardenhilfen für Flüchtlinge kritisiert. Ein Bericht stellte zwar fest, dass die Gelder an Flüchtlinge gingen. Allerdings sei nicht absolut sicher, dass ihnen die gesamte Summe zu Gute komme. Empfänger könnten oft nicht identifiziert werden, denn die türkischen Behörden weigerten sich, Zugang zu den Daten zu gewähren.
Ankara lehnt es den Angaben zufolge mit Verweis auf Datenschutzregeln ab, der EU Namen oder Informationen über die Art der Zuwendung zur Verfügung zu stellen. "Wir können sehen, dass das Geld an die Flüchtlinge geht, aber wir können nicht konkret sagen, dass alles Geld dorthin fließt", sagte die dänische Rechnungsprüferin Bettina Jakobsen.
Die EU-Kommission, die von europäischer Seite für die Verteilung der Gelder verantwortlich ist, gestand Probleme ein und verwies auf den frühen Status der Projekte zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Rechnungshof. Die Prüfer hatten sich mit einer Anfangshilfe in Höhe von 1,1 Milliarden Euro für etwa vier Millionen größtenteils syrische Flüchtlinge in der Türkei befasst.
Mittlerweile sei ein "höchst robustes System" eingerichtet worden, um den türkischen Vorgaben beim Datenschutz zu entsprechen, erklärte die Kommission in einer Stellungnahme. Demnach werden die persönlichen Daten bei der Erfassung nun durch eine anonyme Kennung ersetzt. Auch bei der Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden gebe es Fortschritte.
Differenzen zwischen EU-Kommission und Türkei
Die Hilfe ist Teil eines Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei vom März 2016. Darin sagte Ankara zu, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Im Gegenzug versprach die EU, für jeden aus Griechenland zurückgebrachten Syrer einen anderen aufzunehmen.
Dabei sagte die EU Ankara insgesamt sechs Milliarden Euro für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der Türkei zu. Die Hälfte dieser Mittel ist aufgebraucht. Der Rechnungshof forderte die EU-Kommission auf, bei den weiteren Zahlungen von Ankara mehr Transparenz in Bezug auf die Mittelverwendung zu verlangen.
Von der zweiten Tranche über drei Milliarden Euro sind nach Angaben der Kommission bislang 450 Millionen Euro bereit gestellt. 400 Millionen, also 90 Prozent davon, sollen an das türkische Bildungsministerium gehen, das den Schulbesuch für Flüchtlingskinder organisiert.
Zusammenfassend heißt es in dem Bericht, dass die "Effizienz humanitärer Projekte verbessert" werden könne. Das Geld sei nicht in allen Fällen bestmöglich eingesetzt worden. Etwa habe es bei Projekten zur Wasserversorgung sowie zur Abwasser- und Müllbeseitigung Differenzen zwischen der EU-Kommission und der türkischen Seite gegeben.
Auch habe die Kommission "nicht kohärent und umfassend" geprüft, ob die für Hilfsprojekte veranschlagten Kosten begründet seien. Insgesamt stellten die Rechnungshüter der EU-Behörde aber ein positives Urteil aus. Sie habe "in einem schwierigen Kontext" eine "schnelle Reaktion auf die Flüchtlingskrise" ermöglicht.
Quelle: ntv.de, fzö/ftü/lri/AFP