Umstrittener Besuch bei Putin Orban nennt Positionen "weit voneinander entfernt"
05.07.2024, 17:43 Uhr Artikel anhören
Viktor Orban ist von Wladimir Putin abhängig.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Mit seinem unangekündigten Besuch bei Kremlchef Putin düpiert der ungarische Regierungschef Orban die übrige EU. Vor Ort führen sie Putins Angaben zufolge eine "offene und hilfreiche" Diskussion über den Ukraine-Krieg. Dass ein Frieden in Sicht ist, kann aber auch Orban nicht erkennen.
Der russische Präsident Wladimir Putin und der ungarische Regierungschef Viktor Orban haben bei ihrem Treffen in Moskau nach eigenen Angaben über mögliche Auswege der russischen Invasion der Ukraine gesprochen. Er habe mit Orban eine "offene und hilfreiche" Diskussion geführt, sagte Putin nach dem Gespräch. Es sei um Mittel zur "Beilegung der Krise" gegangen.
Orban sagte seinerseits, die Positionen seien "weit voneinander entfernt". Er fügte an: "Es sind viele Schritte nötig, um den Krieg zu beenden und Frieden herbeizuführen." Mit Blick auf die "Wiederaufnahme des Dialogs" sei mit seinem Besuch "der erste wichtige Schritt getan", sagte Orban. "Ich werde diese Arbeit fortführen."
Putin bekräftigte nach dem Termin, dass Russland zu "Friedensgesprächen" bereit sei, wenn die Ukraine die von Moskau beanspruchten Teile ihres Staatsgebiets aufgibt. Es sei ein "vollständiger Rückzug aller ukrainischen Soldaten aus den Volksrepubliken Donezk und Luhansk und den Regionen Saporischschja und Cherson" nötig, sagte Putin. Er hatte im September 2023 die Annexion der vier Regionen erklärt. Die Annahme von Putins Bedingungen würden allerdings einer ukrainischen Kapitulation gleichkommen.
Diplomaten glauben Orban nicht
Ungarn hat kürzlich die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Vertreter anderer EU-Länder, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, betonten, dass Orban auf seiner Moskau-Reise nicht die EU vertrete. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisierten Orban, der keinen Verhandlungsauftrag habe. "Wer wirklich Frieden will, schüttelt nicht die Hand eines blutbefleckten Diktators, sondern unterstützt mit allen Kräften die Ukraine", schrieb Litauens Präsident Gitanas Nauseda auf X.
Ähnlich positionierte sich die NATO, deren Mitglied Ungarn ist: Orban reise in seiner Funktion als Ministerpräsident eines Landes und vertrete nicht das westliche Militärbündnis, sagte der scheidende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Es gebe keine Anzeichen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem Frieden bereit sei.
Orban fiel immer häufiger mit einer vergleichsweise Russland-freundlichen und Ukraine-kritischen Position auf. Bereits im vergangenen Oktober ließ er sich am Rande einer China-Reise beim Handschlag mit Putin ablichten. Das Selbstbild als Friedensbringer nehmen ihm die anderen EU-Regierungen allerdings nicht ab. Diplomaten sagen, es gehe Orban lediglich darum, weiter günstiges russisches Gas und Öl beziehen zu können. Die ungarische Energieversorgung ist maßgeblich von Russland abhängig: 85 Prozent der ungarischen Gas-Importe stammen aus Russland; beim Erdöl sind es 65 Prozent.
Quelle: ntv.de, chr/AFP/rts