Friedensmission ohne Auftrag Orban überraschend zu Besuch bei Putin
05.07.2024, 11:36 Uhr Artikel anhören
Hatte vor wenigen Tagen den ukrainischen Präsidenten besucht, jetzt gastiert er bei Putin: Viktor Orban.
(Foto: dpa)
Gerüchte über eine Russlandreise von Ungarns Ministerpräsident Orban lösen in der EU Unruhe aus. Angesprochen auf einen Trip zu Wladimir Putin äußert sich Orban kryptisch. Kurz darauf landet sein Flieger in Moskau.
Ungarns rechtspopulistischer Ministerpräsident Viktor Orban ist zu einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau eingetroffen. Das teilte Orbans Sprecher Bertalan Havasi mit. Orban selbst hatte zuvor noch kryptisch auf Berichte über eine mögliche Reise reagiert.
Nur weil sein Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehabe, habe er noch lange nicht ein Mandat, um Verhandlungen im Namen der Staatengemeinschaft zu führen, sagte Orban in einem Radio-Interview. "Alles, was ich tue, ist an Orte zu reisen, an denen Krieg herrscht oder die Gefahr eines Krieges besteht, der die Europäische Union und Ungarn bedroht oder negative Auswirkungen auf sie hat, und Fragen zu stellen." Weitere Spekulationen über seine Reise hatte Orban am Morgen bei X geschürt: "Man kann Frieden nicht von einem bequemen Sessel in Brüssel aus schaffen", schrieb er.
Die Gerüchte über eine bevorstehende entsprechende Reise waren am Donnerstag hochgekocht und hatten in der EU für Unruhe gesorgt. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, betonte, dass der rotierende EU-Ratsvorsitz keinerlei Mandat habe, im Namen der EU mit Russland einen Dialog zu führen. Diskussionen über die Ukraine dürften ohne die Regierung in Kiew nicht stattfinden.
Borrell übte scharfe Kritik
Auch EU-Chefdiplomat Josep Borrell übte scharfe Kritik. "Der Besuch von Ministerpräsident Viktor Orban in Moskau findet ausschließlich im Rahmen der bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und Russland statt", teilte der Außenbeauftragte mit. Die EU-Position zum Krieg Russlands gegen die Ukraine spiegele sich in zahlreichen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates wider und schließe offizielle Kontakte zwischen der EU und Russlands Präsident Waldimir Putin aus. Der ungarische Premierminister vertrete daher nicht die EU.
Ungarn hat die EU-Ratspräsidentschaft zum 1. Juli für ein halbes Jahr übernommen. Kurz darauf reiste Orban nach Kiew, wo er Präsident Wolodymyr Selenskyj traf und diesen dazu drängte, eine Feuerpause mit Russland in Betracht zu ziehen.
Von allen Regierungschefs in der Europäischen Union gilt der rechtskonservative Orban als derjenige, der Putin am meisten zugeneigt ist. Gleichzeitig steht er der westlichen Militärhilfe für die Ukraine kritisch gegenüber. Zuletzt war er 2022 in Russland. Damals traf er Putin zwar nicht, die beiden begegneten sich aber bei anderen Gelegenheiten in anderen Ländern.
Quelle: ntv.de, mba/rts