Vier Islamisten im Fokus Razzien in Deutschland nach Wien-Anschlag
06.11.2020, 07:09 Uhr
Nach dem Terroranschlag in Wien durchsuchen deutsche Sicherheitskräfte am frühen Morgen Objekte in drei Bundesländern. Der erschossene Attentäter soll Kontakte zu Islamisten in der Bundesrepublik gepflegt haben.
Im Zusammenhang mit dem Anschlag von Wien haben am Morgen Ermittler die Wohnungen von vier jungen Männern in Deutschland durchsucht. Festnahmen habe es nicht gegeben. Die Männer gelten nicht als tatverdächtig, sollen aber direkt oder indirekt Verbindungen zu dem österreichischen Attentäter gehabt haben. Zwei der Männer sollen ihn im Sommer sogar in Wien getroffen haben, wie Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt (BKA) mitteilten.
Die vier Männer, die zwischen 19 und 25 Jahre alt sind, rechnen die Ermittler der Islamistenszene zu. Zwei von ihnen kommen aus Osnabrück. Die anderen Durchsuchungen fanden in Kassel sowie im Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein statt. Der Mann aus Kassel und einer der Osnabrücker waren nach dpa-Informationen vom 16. bis 20. Juli in Wien. Dort hätten sie sich mehrmals mit dem späteren Attentäter getroffen. Einer der beiden sei sogar bei ihm untergebracht gewesen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Außerdem habe es Kontakt über einen Messenger-Dienst gegeben.
Auch der dritte Mann soll laut Bundesanwaltschaft und BKA über das Internet Kontakt zu dem Attentäter gehabt haben. Der Vierte hatte demnach keine direkte Verbindung, soll aber mit Kontaktpersonen des Mannes ebenfalls übers Internet kommuniziert haben. Bei dem Mann aus Schleswig-Holstein handelt es sich nach Informationen des "Spiegel" um einen aktenkundigen Gefährder. Der 22-Jährige soll mit seiner Familie in Wien gelebt haben und erst kürzlich nach Deutschland zurückgekehrt sein. Früher habe er auch am Unterricht des Hasspredigers Abu Walaa in Hildesheim teilgenommen, berichtet das Magazin.
Anlass für die Durchsuchungen, die um 6.00 Uhr morgens begannen, waren laut Bundesanwaltschaft und BKA Erkenntnisse, "die von der österreichischen Justiz an die deutschen Strafverfolgungsbehörden übermittelt worden waren". Daraufhin seien am Donnerstag beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt worden. Mindestens zwei der Männer hatten die deutschen Sicherheitsbehörden dem Vernehmen nach schon länger auf dem Schirm. Ob es über ihre Kontakte zu dem späteren Attentäter schon vor dem Anschlag einen Austausch mit den österreichischen Behörden gab, war zunächst unklar.
Am Montag hatte der Attentäter Kujtim F. in der österreichischen Hauptstadt vier Menschen getötet und mehr als 20 Menschen zum Teil schwer verletzt, bevor er selbst durch Polizeischüsse starb. Der 20-jährige Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war nach Überzeugung der Ermittler Teil eines radikal-islamistischen Netzwerks, das über Österreich hinausreicht. Österreichs Innenminister Karl Nehammer hatte am Donnerstag in Wien gesagt - ohne Einzelheiten zu nennen - dass neben zwei Festnahmen in der Schweiz noch weitere Maßnahmen in einem anderen Land laufen würden.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa