Obama besucht Birma Regierung lässt Gefangene frei
19.11.2012, 09:24 Uhr
In Rangun erwarteten Obama hunderte organisierte Fähnchenschwinger und tausende begeisterte Fans.
(Foto: dpa)
Es ist ein historischer Besuch: Jahrzehntelang waren enge diplomatische Beziehungen zur Führungsriege in Birma verpönt. Die Militärjunta unterjochte ihr Volk und geisselte ihre Opposition. Doch jetzt trifft US-Präsident Obama Staatschef Thein Sein in Rangun, der mit guten Nachrichten auf ihn warten.
Die Reformregierung von Birma hat vor der Ankunft des US-Präsidenten Barack Obama mindestens 52 politische Gefangene freigelassen. Das gab das Präsidialamt bekannt und veröffentlichte eine Namensliste. Bo Kyi, Sprecher der Gefangenenhilfsorganisation AAPP, sagte: "Darunter sind bekannte Namen wie Myint Aye, ein prominenter Menschenrechtler.
Präsident Thein Sein hat seit seinem Amtsantritt Ende März 2011 mehr als 800 politische Gefangene freigelassen. Nach AAPP-Angaben werden aber noch 200 in den Gefängnissen vermutet.
Als Obama in Birma ankam empfingen Tausende Schaulustige den US-Präsident. Obama traf Präsident Thein Sein in der Hafenstadt Rangun, der dafür seine Teilnahme am Gipfel der Südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean im Kambodscha unterbrechen musste. Die Reformschritte, die Thein Sein eingeleitet habe, seien erst der Anfang eines langen Wegs, sagte Obama anschließend. "Aber wir glauben, dass der Prozess demokratischer und wirtschaftlicher Reformen, die hier eingeleitet worden sind, Birma unglaubliche Entwicklungschancen öffnet."
Anders als am Vorabend, als er den Besuch gegen Kritiker verteidigte, benutzte Obama die offizielle Bezeichnung Birmas, "Myanmar". Am Sonntag in Bangkok hatte er noch von "Burma" gesprochen.
Suu Kyi vertraut auf US-Hilfe
Obama traf sich anschließend mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, die bis 2010 mit Unterbrechungen fast 20 Jahre unter Hausarrest stand. Im Beisein der Freiheitsikone versprach er Birma fortdauernde Unterstützung, wenn das Land auf Reformkurs bleibt. "Unser Ziel ist es, der Demokratisierung weitere Schwungkraft zu geben", sagte Obama dann nach seinem Gespräch mit Suu Kyi in ihrem Haus in Rangun. Mit Küsschen auf beide Wangen und herzlicher Umarmung demonstrierten beide Einigkeit. Sie vertraue auf US-Hilfe in den schwierigen Zeiten, die noch vor Birma lägen, sagte Suu Kyi.
Bei einer Rede in der alten Universität von Rangun sagte er: "Ich strecke eine Hand der Freundschaft aus." Das Publikum hörte gebannt zu. Es gab keinerlei Unterbrechungen durch Klatschen, wie Obama es sonst bei seinen Reden gewohnt ist. Der US-Präsident lobte vor seinen Zuhörern die demokratische Öffnung, die Präsident Thein Sein seit dem Ende der Militärdiktatur im Frühjahr 2011 eingeleitet hat. Obama fügte aber hinzu, diese bemerkenswerte Reise habe gerade erst begonnen, und es sei noch ein weiter Weg.
Die Universität gilt als Geburtsstätte der Unabhängigkeitsbewegung in den 30er und 40er Jahren. Später begannen hier Studentenbewegungen gegen die Militärherrschaft. Soldaten feuerten hier 1962 auf Studenten. Die Universität war Jahrzehnte lang praktisch geschlossen - Studenten wurden in Provinzstädte oder zum Fernstudium gezwungen, um neue Aufstände zu verhindern.
Obama drängte die Regierung, die Versammlungs- und Medienfreiheit voll umzusetzen. Die ethnische Vielfalt des Landes, die das Militär jahrzehntelang als Vorwand für seine Diktatur nutzte, sei keine Schwäche, sondern eine Stärke.
Auch Treffen mit einigen der erst in diesem Jahr freigelassenen politischen Gefangenen stehen an, darunter der ehemalige Mönch U Gambira, der nach dem brutal niedergeschlagenen Mönchsaufstand 2007 festgenommen und gefoltert wurde und die einstigen Studentenführer Ko Ko Gyi und Min Ko Naing, die nach dem Studentenaufstand 1988 eingesperrt wurden und mehr als 15 Jahre im Gefängnis saßen.
"Man kann nicht auf eine perfekte Demokratie warten"
Während die Sicherheitskräfte in Flughafennähe zunächst nur ein paar hundert ausgewählte Schulkinder und andere organisierte Fähnchenschwinger zugelassen hatten, wurden die Menschenmassen in Richtung Stadt immer größer. Das berichteten Reporter, die in der Autokolonne des Präsidenten mitfuhren. Studenten und Mönche streckten Obama-Porträts in die Luft. "Bitte helfen Sie unserer Wirtschaft", stand darauf. Die Menschen brachen spontan in "Amerika"-Rufe aus. Einige Schaulustige hatten Plakate dabei: "Sie sind unser Held" und "Mr. Obama, wir lieben Sie!" stand darauf, wobei anstelle des Wortes "lieben" ein großes Herz zu sehen war.
Obama hatte die Reise in Bangkok gegen Kritiker verteidigt, die darin eine viel zu frühe Anerkennung einer nach wie vor vom Militär gesteuerten Regierung sehen. Birma war seit 1962 eine Militärdiktatur. Die letzte Junta startete die vorsichtige Öffnung mit gelenkten Wahlen 2010. Thein Sein, der einstige Regierungschef der Junta, wurde Präsident. Er hat Skeptiker mit seinem überrascht. Obama sagte, er wolle mit seinem Besuch Impulse für weitere Reformen geben. Man könne nicht auf eine perfekte Demokratie warten. Der Präsident reist anschließend zum Asean-Gipfel nach Phnom Penh weiter.
Quelle: ntv.de, dpa