Politik

Spaniens König ist überrascht Regionalbündnis schlägt Linkskoalition vor

Im Fokus der Medien: PSOE-Chef Pedro Sánchez will neuer Ministerpräsident werden.

Im Fokus der Medien: PSOE-Chef Pedro Sánchez will neuer Ministerpräsident werden.

(Foto: imago/Agencia EFE)

Der Name ist Programm: Die spanische Regionalbewegung Compromís will gemeinsam mit anderen linken Parteien in eine Koalition unter Führung der Sozialisten eintreten. Dennoch sind etwaige Neuwahlen wahrscheinlich.

Es schien schon alles klar: Nachdem es Spaniens Parteien in viermonatigen Verhandlungen nach der Parlamentswahl im Dezember nicht gelungen war, eine Regierungskoalition zu bilden, hatte König Felipe VI. einen letzten Versuch zur Regierungsbildung angekündigt. Allgemein wurde erwartet, dass er anschließend am Abend oder spätestens Mittwochfrüh Neuwahlen für Ende Juni ausrufen würde.

Neuwahlen seien "zu 99,9 Prozent sicher", stellte ein ranghoher Vertreter der Sozialistischen Partei PSOE bereits fest. Doch dann legte die kleine Regionalbewegung Compromís den Sozialisten (PSOE) und anderen linken Parteien in letzter Minute plötzlich einen Vorschlag zur Bildung einer linken Koalitionsregierung vor.

Seit Montagnachmittag und die ganze Nacht hindurch sei der Inhalt des Angebots ausgearbeitet worden, das absichtlich vage gehalten sei, damit dem möglichst viele Parteien zustimmen könnten, sagte Compromís-Chef Joan Baldoví: "Der König hat es mit Überraschung aufgenommen." Compromís schwebt vor, dass die Sozialisten gemeinsam mit der linken Partei Podemos, mit Izquierda Unida und Compromís selbst eine Koalition unter Führung von Sozialistenchef Pedro Sánchez bilden.

Volkspartei soll Macht abgeben

Seit der Wahl kurz vor Weihnachten hatten die Parteien vergeblich versucht, eine tragfähige Koalition zu bilden. Bei dem Urnengang war die konservative Volkspartei (PP) des amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zwar erneut stärkste Kraft geworden. Ihre absolute Mehrheit hatte sie jedoch verloren.

Die anderen Parteien eint vor allem der Wunsch, nach Jahren der konservativen PP-Regierung umzusteuern und einen anderen politischen Kurs einzuschlagen, der auch sozialverträglicher sein soll. Trotz viermonatiger Debatten brachten sie jedoch keine eigene Koalition zustande. Nachdem Rajoy den Versuch einer Regierungsbildung wegen mangelnder Erfolgsaussichten aufgegeben hatte, waren die Sozialisten unter Sánchez vom König mit der Regierungsbildung beauftragt worden.

Sánchez einigte sich auf eine Koalition mit der jungen liberalen Partei Ciudadanos. Da beide zusammen nicht auf die für eine Vertrauensabstimmung im Parlament nötige Stimmenzahl kamen, versuchte Sánchez, auch die Linkspartei Podemos ins Boot zu holen - vergeblich.

Ablehnung durch Ciudadanos und Podemos

Nach dem Überraschungscoup von Compromís am Dienstagmorgen griffen die Sozialisten sofort zu. "Wir können Neuwahlen noch verhindern", verkündete Parteisprecher Antonio Hernando. Er betonte, die PSOE könne 27 der 30 von Compromís vorgeschlagenen Punkte für ein Regierungsprogramm "direkt" zustimmen. "Wir wollen alles tun, um so flexibel wie möglich zu sein", weil die Bevölkerung Neuwahlen ablehne, versicherte er.

Die linke Podemos bezeichnete den Compromís-Vorschlag als "interessant", betonte aber gleichzeitig, sie lehne eine Minderheitsregierung unter PSOE-Führung ab. Die Ciudadanos-Partei wiederum lehnte den neuen Vorschlag rundheraus ab. Es sei nicht möglich, "vier Jahre lang mit einem Bündnis aus sechs verschiedenen Parteien auf der Basis eines Drei-Seiten-Papiers zu regieren", beschied Ciudadanos-Chef Albert Rivera. "Wir sind zu Neuwahlen verurteilt."

Quelle: ntv.de, Michaela Cancela-Kieffer, AFP

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