Streit um Lebensarbeitszeit Reiches Rentenpläne provozieren SPD
11.09.2025, 04:28 Uhr Artikel anhören
Reiche hat einen Beraterstab konsultiert, der zum gleichen Ergebnis kommt, wie sie: Die Menschen sollen länger arbeiten.
(Foto: dpa)
Wirtschaftsministerin Reiche lässt beim Thema Rente nicht locker. Ein "Impulspapier" eines von ihr einberufenen Beraterkreises stützt ihre Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit. Beim Koalitionspartner sorgt das für Irritationen.
Die SPD wirft Wirtschaftsministerin Katherina Reiche unpassende Renten-Vorschläge vor und stemmt sich gegen ein höheres Rentenalter. Für die Rente sei "weder ihr Ressort zuständig" noch fänden sich ihre Forderungen nach einem höheren Rentenalter im Koalitionsvertrag wieder, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf.
Die CDU-Politikerin Reiche hatte sich mehrfach für eine Anhebung des Rentenalters ausgesprochen. Zuletzt betonte die CDU-Politikerin, "dass wir angesichts einer höheren Lebenserwartung länger arbeiten müssen". Dabei bezog sie sich auch auf ein Impulspapier eines von ihr einberufenen Beirats. "Daneben brauchen wir weniger Anreize, früher in Rente zu gehen", sagte sie weiter. Reiche hatte den Kreis als Unterstützung für "entschlossene Reformen im Geiste der Sozialen Marktwirtschaft" berufen, wie sie erst vergangene Woche mitgeteilt hatte.
Der Beraterkreis, dem auch "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm angehört, hatte eine zügige weitere Anhebung des Rentenalters gefordert. Ohne eine entschlossene Reformagenda drohe die Rentenversicherung zu einer zunehmenden Belastung des Bundeshaushalts zu werden. Hintergrund sind auch die steigenden geplanten Zuschüsse durch die geplante Fixierung des 48-Prozent-Absicherungsniveaus bei der Rente bis 2031. Die Expertinnen und Experten forderten auch weitere Einschnitte, etwa einen Verzicht auf eine Ausweitung der Mütterrente und weniger Frühverrentungsmöglichkeiten.
Klüssendorf verweist auf Koalitionsvertrag
Klüssendorf lehnt ein höheres Rentenalter ab und fordert von Reiche Mäßigung. "Wir wollen in der Regierung konstruktiv mit unseren Partnern von CDU und CSU zusammenarbeiten. Beide Seiten haben kein Interesse an weiterem Streit. Es kann daher nicht sein, dass Frau Reiche schon wieder über die Medien die Rente mit 70 fordert."
Im Koalitionsvertrag habe die SPD mit der Union den abschlagsfreien Renteneintritt nach 45 Jahren vereinbart - "und so gemeinsam als Koalition einer Rentenkürzung durch Anhebung des Eintrittsalters eine klare Absage erteilt", ergänzte der SPD-Generalsekretär. "Daran sollten sich alle Regierungsmitglieder halten." Vorschläge für sinnvollere Ansätze wie die Aktivrente oder die Schaffung einer besseren Kinderbetreuung lägen auf dem Tisch.
Der Abgeordnete und NRW-SPD-Chef Achim Post sagte: "Frau Reiche hat in ihrem Kerngeschäft mehr als genug zu tun. Umso verwunderlicher ist es, dass ihr Haus trotz vereinbarter Schritte, eingesetzter Kommissionen und festgelegter Zeitpläne in der Koalition die Zeit und Energie findet, Nebelkerzen in der Sozialstaatsdebatte zu werfen." Ihre Rentenvorschläge gingen an der Lebensrealität vieler Berufstätiger vorbei.
Reiche hatte schon im Juli in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Debatte über eine längere Lebensarbeitszeit eröffnet. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformen reichten nicht aus, sagte sie.
Quelle: ntv.de, ino/dpa