Politik

Obduktion von Butscha-Opfern Russen schossen mit tödlicher Pfeil-Munition

Fléchette-Munition verbiegt sich im Körper des Opfers, das Heck reißt ab und verursacht weitere Wunden (Archivbild).

Fléchette-Munition verbiegt sich im Körper des Opfers, das Heck reißt ab und verursacht weitere Wunden (Archivbild).

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Gerichtsmediziner untersuchen die Leichen aus dem Kiewer Vorort Butscha und machen eine grausige Entdeckung: Offenbar feuerte die russische Artillerie mit einer besonders verheerenden Pfeil-Munition, die in menschlichen Körpern vielfache Wunden reißt.

Die russische Armee hat bei Angriffen auf die Vororte von Kiew im März mutmaßlich vom Völkerrecht geächtete Munition eingesetzt und dadurch Dutzende Zivilisten getötet. Der britische "Guardian" beruft sich auf ukrainische Gerichtsmediziner, die bei der Obduktion der Leichen sogenannte Fléchette-Munition gefunden haben. Die Fléchettes steckten demnach im Kopf und in der Brust von obduzierten Leichen.

Mit einer Artilleriegranate könnten bis zu 8000 dieser kleinen Metallpfeile verschossen werden, schrieb das Blatt. Die Granate explodiere per Zeitzünder über dem Ziel, anschließend gingen die Pfeile auf einem bis zu 300 Meter breiten und 100 Meter tiefen Streifen nieder. Die besondere Heimtücke der Pfeile soll darin bestehen, dass sie im Körper des Opfers zerbrechen, verbiegen und so weitere Verletzungen hervorrufen können.

"Wir haben mehrere wirklich dünne, nagelähnliche Objekte in den Körpern von Männern und Frauen gefunden", sagte Wladyslaw Pirowskyi, ein ukrainischer Gerichtsmediziner, dem "Guardian". "Es ist sehr schwer, diese Pfeile im Körper zu finden, weil sie so dünn sind", sagte er. Die Mehrheit der Fléchette-Funde stamme aus Leichen, die in der Region Butscha und Irpin geborgen wurden.

Vom Völkerrecht geächtet

Unabhängige Waffenexperten bestätigten der Zeitung die ukrainischen Befunde. Bei den Fléchettes handele es sich um eine Waffe, die während des Ersten Weltkriegs weit verbreitet war. Die kleinen Metallpfeile sind Teil der Munition von Panzern oder Feldgeschützen. Beim Aufprall auf den Körper eines Opfers kann der Pfeil an Steifigkeit verlieren und sich zu einem Haken verbiegen, während das Heck des Pfeils häufig abbricht und eine zweite Wunde verursacht.

Laut einer Reihe von Zeugen in Butscha wurden Fléchette-Geschosse von der russischen Artillerie abgefeuert, einige Tage bevor sich die Streitkräfte Ende März aus dem Gebiet zurückzogen. Eine Bewohnerin von Butscha berichtete der "Washington Post", sie habe mehrere Nägel an ihrem Auto gefunden.

Obwohl sich Menschenrechtsgruppen seit langem für ein Verbot von Fléchette-Granaten einsetzen, ist die Munition nach internationalem Recht nicht verboten. Der Einsatz unpräziser tödlicher Waffen in dicht besiedelten zivilen Gebieten ist jedoch ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 25. April 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mau

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