Biden "will keinen Frieden" Russische Botschaft: Ukraine führt Stellvertreterkrieg der USA
22.12.2022, 09:56 Uhr Artikel anhören
Für den russischen Botschafter in Washington hat dieses Bild vermutlich Symbolcharakter. Laut russischer Propaganda kämpft die Ukraine stellvertretend für die USA gegen Russland.
(Foto: picture alliance / SvenSimon-ThePresidentialOfficeU)
Nach dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in den USA kommen die Worte des russischen Botschafters in Washington wenig überraschend: Er unterstellt der Ukraine, einen Stellvertreterkrieg für die USA zu führen. Beiden Staaten wirft er vor, nicht an einem Frieden interessiert zu sein.
Moskaus Botschafter in Washington unterstellt den USA angesichts der Lieferung des Patriot-Flugabwehrsystems an die Ukraine die Fortsetzung eines "Stellvertreterkriegs" gegen Russland. Es gehe den USA darum, einen Sieg über Russland zu erzielen, sagte der russische Botschafter Anatoli Antonow in Washington. Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington sei dafür im "Hollywood-Stil" inszeniert worden. Das zeige, dass Washingtons Beteuerungen, nicht die Konfrontation mit Russland zu suchen, "nur leere Worte" seien.
Der erneut von russischer Seite vorgetragene Vorwurf ist selbst Teil einer Inszenierung. Der Begriff "Stellvertreterkrieg" ist umstritten - letztlich markiert er, wie jemand die Fragen beurteilt, ob Russland allein für den Krieg verantwortlich ist und ob der Westen die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützen sollte. Die Friedensforscherin Nicole Deitelhoff sagte ntv.de, "Stellvertreterkriege" seien Konflikte, in denen "Supermächte ihre Ziele gegeneinander durchsetzen wollen, ohne selbst vor Ort als Kriegspartei aufzutreten". Das treffe auf die russische Invasion der Ukraine nicht zu.
Dagegen trägt der Krieg in der Ukraine für den Politikwissenschaftler Johannes Varwick "Züge eines Stellvertreterkrieges". Varwick unterstellt eine Mitverantwortung des Westens für den Krieg und lehnt die Waffenlieferungen ab, Deitelhoff sieht dies gerade andersrum. "Russland ist nicht in einen Konflikt eingestiegen - es hat diesen Krieg begonnen, um spezifische, russische Ziele durchzusetzen. Russland führt diesen Krieg", sagte sie.
Stellvertreterkriege gibt es nur selten
Aus Sicht des Kölner Politikwissenschaftlers Thomas Jäger ist der Vorwurf des Stellvertreterkriegs "immer ein Frame, ein Rahmen, der Konflikte für das Publikum verständlich gemacht hat". So werde in Russland über diesen Begriff erklärt, warum die eigene Offensive in der Ukraine so schleppend vorankomme. Russland kämpfe, so die russische Propaganda, nicht nur mit der Ukraine, sondern mit der NATO beziehungsweise dem "kollektiven Westen".
Selenskyj hatte am Mittwoch US-Präsident Joe Biden getroffen. Nach Darstellung des russischen Botschafters in den USA zeigte Selenskyjs Besuch, dass weder Washington noch Kiew bereit seien für einen Frieden. Stattdessen werde die "Lüge" verbreitet, dass Russland nicht an einer friedlichen Lösung interessiert sei, so Antonow.
Antonow droht mit Zerstörung von Patriot-System
Geleitet würden die USA von der "krankhaften Vorstellung eines Sieges über die Russen auf dem Schlachtfeld", sagte Antonow in einer bei Facebook veröffentlichten Mitteilung der Botschaft. Dafür würden enorme finanzielle Ressourcen, Waffen und die Aufklärung genutzt.
Zugleich erneuerte der Diplomat die bekannten russischen Warnungen, dass Russland das Patriot-System wie andere westliche Waffen auch zerstören würde. Er behauptete zudem, Russland gehe davon aus, dass die Waffen von US-Amerikanern oder Spezialisten anderer NATO-Staaten bedient würden, weil die Ukrainer selbst dazu nicht in der Lage seien. "Die Vereinigten Staaten tragen die volle Verantwortung für den Ausbruch des Ukraine-Konflikts 2014", so Antonow. Ihm zufolge habe Kremlchef Wladimir Putin immer wieder Verhandlungen zur Beilegung des Konflikts angeboten.
Quelle: ntv.de, als/dpa