"Sein Gesicht sagt alles" Kreml-Kritiker Roisman an Wohnungstür verhaftet
25.08.2022, 10:45 Uhr (aktualisiert)
In Russland wird eine der letzten verbliebenen regimekritischen Stimmen mundtot gemacht: Am Morgen nehmen Polizisten den Oppositionellen Jewgeni Roisman fest. Er soll die russische Armee verunglimpft haben. Nun drohen ihm fünf Jahre Haft - und eine ungewisse Zukunft.
In Russland ist der prominente Oppositionspolitiker und frühere Bürgermeister der Millionenstadt Jekaterinburg, Jewgeni Roisman, festgenommen worden. Ihm werde die Verbreitung von Falschnachrichten über die russische Armee im Zuge des Moskauer Angriffskriegs gegen die Ukraine vorgeworfen, melden mehrere russische Medien. Demnach drohten ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Roisman ist einer der letzten scharfen Kritiker des Kreml, der bisher noch auf freiem Fuß war. Das Medium zeigte auch einen Videoclip, in dem Roisman über seine Festnahme informierte. Auch von der Festnahme selbst wurden mehrere Videos öffentlich. Zu sehen ist, wie maskierte Polizisten in kugelsicheren Schutzwesten den 59-Jährigen an seiner Wohnungstür festnehmen. "Sein Gesicht sagt alles", schrieb der britische Journalist Andrew Roth zu dem veröffentlichten Bildmaterial.
Roisman hat eine Wohltätigkeitsstiftung und ein Ikonenmuseum in Jekaterinburg. Die Räume seiner Stiftung wurden im Zuge seiner Festnahme durchsucht. Die schwer bewaffneten und maskierten Sicherheitskräfte hätten laut Stiftungsdirektion keinen Durchsuchungsbeschluss vorgelegt. Auch aus der Wohnung des Oppositionellen wurde Berichten zufolge private Elektronik beschlagnahmt.
Einflussreich in der Region
Roisman ist bekannt dafür, seine Kritik über soziale Medien zu verbreiten. Auch die aktuellen Vorwürfe der Diskreditierung der russischen Armee stammten nach Angaben der russischen Staatsanwaltschaft aus einem Youtube-Video. Als früherer Bürgermeister der Stadt östlich des Uralgebirges hat Roisman dort noch viele Anhänger. Er arbeitete zeitweise auch für den Radiosender Echo Moskwy, der wegen seiner Berichterstattung kurz nach dem Überfall auf die Ukraine vom Netz genommen wurde.
Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtet, wurde Roisman allein in diesem Jahr zu mehreren Tausend Dollar Strafe wegen ähnlicher Vorwürfe verurteilt. Zudem habe er 2021 an "unerlaubten Aktionen in Moskau und Jekaterinburg" teilgenommen und sei deshalb zu 1000 Dollar Strafe verurteilt worden. Neun Tage Arrest wegen der Organisation unerlaubter Aktivitäten seien damals auf einen Tag reduziert worden.
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 24. August 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, jug/dpa