Politik

"Mein höllischer Wandschrank" Nawalny muss wieder in Isolationszelle

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Nawalny bei einer gerichtlichen Anhörung im Mai.

Nawalny bei einer gerichtlichen Anhörung im Mai.

(Foto: REUTERS)

Als Führer einer Ein-Mann-Gewerkschaft ist der Putin-Kritiker Nawalny neuerlichen Schikanen im Gefängnis ausgesetzt. Weil er seine Hände drei Sekunden lang vom Rücken nimmt, muss er nun fünf Tage in Isolationshaft. "Irgendwie langweilig", schreibt er.

Der Kremlgegner Alexej Nawalny ist nach eigenen Angaben im russischen Straflager in eine Isolationszelle verlegt worden. Die Strafe werde offiziell damit begründet, dass er bei einem Gang durchs Lager entgegen einer Anordnung drei Sekunden lang die Hände nicht hinter dem Rücken gehalten habe, heißt es in einer Mitteilung, die Nawalny auf Twitter veröffentlichen ließ. Der 46-Jährige vermutet eine Entscheidung der politischen Führung in Moskau dahinter. Zudem hatte er kürzlich die Gefängnisleitung mit der Gründung einer Gefangenengewerkschaft verärgert.

Nawalny musste nach eigenen Angaben bereits vergangene Woche drei Tage in der 2,5 mal 3 Meter kleinen Zelle verbringen - angeblich, weil er einen Knopf nicht vorschriftsmäßig zugeknöpft hatte. Dieses Mal soll er fünf Tage ausharren. "Hier sitze ich mal wieder in meinem höllischen Wandschrank mit einer Tasse und einem Buch", schrieb der prominente Gegner von Präsident Wladimir Putin. "Das ist natürlich irgendwie langweilig. Ich glaube, ich muss lernen, wie man meditiert."

Wegen angeblichen Betrugs sitzt Nawalny in der Strafkolonie 6 in Melechowo etwa 260 Kilometer nordöstlich von Moskau - unter besonders harten Haftbedingungen. Im Mai bestätigte ein Gericht die neunjährige Haftstrafe. International gilt er als politischer Gefangener. Nawalny hatte sich in Deutschland von einem Giftanschlag im August 2020 erholt, war dann aber freiwillig nach Russland zurückgekehrt.

"Kreml will nur willenlose Sklaven"

Zur Gründung seiner Ein-Mann-Gewerkschaft schrieb Nawalny Mitte August: "Ein echter Gewerkschaftskampf ist eben nie leicht, schon gar nicht in einer Gewerkschaft im Gefängnis." Nawalny arbeitet dort in einer Nähwerkstatt.

Immer wieder verklagte der für seinen Kampf gegen Korruption bekannte Politiker das System, um Missstände offenzulegen. Der Kreml wolle nur willenlose Sklaven in den Gefängnissen, 600.000 Insassen seien betroffen, meinte Nawalny. Mit dem Hinweis auf unmenschliche Arbeitsbedingungen wird er nach längerer Zeit erstmals wieder in der russischen Öffentlichkeit wahrgenommen. Die Initiative, sich für die Rechte von Arbeitenden auf gerechten Lohn einzusetzen, habe Nawalny innenpolitisch neu in Erinnerung gebracht, schrieb die Moskauer Tageszeitung "Nesawissimaja Gaseta" anerkennend.

(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 24. August 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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