"Weiterer Akt der Provokation" Russland entfernt estnische Navigationsbojen aus Grenzfluss
23.05.2024, 19:34 Uhr Artikel anhören
Die Narva mündet zwischen Tallin und St. Petersburg im Finnischen Meerbusen.
(Foto: picture alliance / Anadolu)
Um den Grenzverlauf zu markieren, positioniert Estland Bojen in der Narva. Doch in den frühen Morgenstunden entfernen russische Grenzer viele der Schwimmkörper aus dem Fluss. Die Regierung in Tallin spricht von einer Provokation.
Einen Tag nach Bekanntwerden russischer Pläne für eine Verschiebung der in der Ostsee verlaufenden Grenzen lösen mutmaßlich ähnliche Vorstöße an der russisch-estnischen Grenze Unruhe aus. Russische Grenzschützer hätten Navigationstonnen im Grenzfluss entfernt, teilte die estnische Polizei mit. Etwa 24 von 50 zur Markierung der Schifffahrtsrinne in der Narva platzierte Schwimmkörper seien in den frühen Morgenstunden beseitigt worden. Die Bojen seien vor zehn Tagen ausgeworfen worden, um das Fahrwasser zu markieren, Navigationsfehler und unbeabsichtigte Grenzübertritte etwa von Fischern vorzubeugen.
Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas warf der Regierung in Moskau Provokationen vor. "Wir sehen ein breites Muster russischer Aktionen, mit denen versucht wird, Angst zu schüren", erklärte Kallas laut einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Senders ERR. "Wir werden diesen Fall nüchtern und ausgewogen angehen und, wo nötig, mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten." Das russische Außenministerium nahm zu den Vorwürfen zunächst nicht Stellung. Die Narva entspringt einem See zwischen Estland und Russland und mündet zwischen Tallin und St. Petersburg im Finnischen Meerbusen, der Teil der Ostsee ist.
"Wir nutzen diplomatische Mittel"
Die Aufstellung der Bojen und deren Standorte waren den Angaben aus Estland zufolge bereits vor Jahren bilateral vereinbart worden. Doch seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 sei die russische Seite mit den Standorten von etwa der Hälfte der stets in der Schifffahrtssaison aufgestellten 250 Markierungen nicht einverstanden gewesen - darunter auch einige der nun entfernten Bojen.
Estlands Grenzschutz-Chef Egert Belitsev sprach von einem "weiteren Akt der Provokation" seitens Russlands. "Wir sind davon überzeugt, dass sich die Bojen dort befanden, wo sie sein sollten", sagte er einem Bericht des estnischen Rundfunks zufolge. Dennoch habe der Grenzschutz das Entfernen der Bojen nicht aktiv verhindert, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. "Wir nutzen diplomatische Mittel, um mit solchen Situationen umzugehen", sagte er.
Offen blieb zunächst, ob das Vorgehen der russischen Grenzschützer in Zusammenhang mit den Vorstellungen der Regierung in Moskau über den Grenzverlauf in der Ostsee steht. Das russische Verteidigungsministerium hatte Anfang der Woche einen Vorschlag zur Änderung der russischen Seegrenze in der östlichen Ostsee auf einer Internet-Seite veröffentlicht, ihn aber am Mittwoch gelöscht, nachdem Mitglieder des westlichen Militärbündnisses NATO sich besorgt gezeigt hatten.
Dazu erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, die Grenzen Russlands in der Ostsee sollten internationalem Recht entsprechen. Die Arbeit des Verteidigungsministeriums zur "Klärung" der Grenze sei technischer Natur. Der Russland-Experte Alexander Friedman bezeichnete die Äußerungen aus Moskau im Gespräch mit ntv.de als Teil einer "psychologischen Operation" gegen den Westen.
Quelle: ntv.de, jpe/rts/dpa