Gegner sind "Auslandsagenten" Russland ist mit Brandmarkungen erfolgreich
03.10.2023, 11:29 Uhr Artikel anhören
Beamte der OMON-Sondereinheit der Polizei stehen vor dem Moskauer Büro des Memorial-Menschenrechtszentrums, das 2022 zum "ausländischen Agenten" in Russland erklärt wurde.
(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)
Im Krieg zählen nicht nur die Treffer an der Front, sondern auch, wie gut Propaganda funktioniert und die Moral der Menschen aufrechterhalten werden kann. Die Taktik Russlands, alle Regierungsgegner als "ausländische Agenten" zu bezeichnen, geht nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums auf.
Russland hat nach britischer Einschätzung mit seiner Taktik Erfolg, Kritiker, Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGO) als "ausländische Agenten" zu brandmarken. "Mit den Maßnahmen wird der Informationsraum innerhalb Russlands erheblich eingeschränkt", teilte das britische Verteidigungsministerium mit. "Dadurch wird es immer schwieriger, einen Standpunkt zu vertreten, der von der offiziellen Linie abweicht, einschließlich abweichender Meinungen zum Krieg."
In der Bevölkerung verfange die Taktik, hieß es in London unter Berufung auf eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des staatlichen russischen Meinungsforschungsinstituts WZIOM weiter. Demnach seien 61 Prozent der Befragten der Meinung gewesen, dass sie "ausländische Agenten" für "Verräter" halten, die Lügen über Russland verbreiten. "Die Behörden nutzen die Bezeichnung "ausländischer Agent" erfolgreich als Mittel, um die öffentliche Meinung auf Linie der antiwestlichen und kriegsfreundlichen Narrative des Staates zu bringen", betonte das britische Ministerium.
Wer in Russland als "ausländischer Agent" gelistet ist, muss mit zahlreichen Nachteilen rechnen. Die Organisationen, Medien und Personen in dem Register unterliegen einer verstärkten Aufsicht über ihre Finanzen. Die Einstufung soll Misstrauen gegen sie schüren und ihre Arbeit in Russland erschweren. NGO beklagen, dass sich Russen abwenden - aus Angst, der Zusammenarbeit mit "ausländischen Agenten" bezichtigt zu werden.
Zuletzt war Anfang September der Friedensnobelpreisträger und Chefredakteur der von Russland verbotenen "Nowaja Gaseta", Dmitri Muratow, als "ausländischer Agent" eingestuft worden. Mit dem vielfach kritisierten Etikett brandmarkt Russlands Justiz sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen. Viele kämpfen danach um ihre Existenz, weil beispielsweise Unterstützer, Wirtschaftspartner und Einnahmen wegbrechen.
Quelle: ntv.de, jaz/dpa