Politik

Druck, Zetteltausch, Stimmenkauf Verstöße begleiten russische Regionalwahlen

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Unter den Augen der Obrigkeit: Russen und Ukrainer in den besetzten Gebieten sollen abstimmen.

Unter den Augen der Obrigkeit: Russen und Ukrainer in den besetzten Gebieten sollen abstimmen.

(Foto: REUTERS)

Die Opposition verboten, vertrieben oder weggesperrt: Von freien Wahlen ist Putins Russland schon lange weit entfernt. Auch bei den jetzigen Regionalwahlen klagen Beobachter über Betrug und andere Verstöße. Es seien die unfreisten Wahlen seit Putins Amtsantritt, heißt es.

Bei den bis Sonntag angesetzten Regionalwahlen in Russland haben unabhängige Beobachter schon jetzt vielerorts Verstöße und Betrug gemeldet. So berichtete etwa die Organisation Golos (auf Deutsch: Stimme) auf Telegram von Druck, der auf Wähler ausgeübt werde, und davon, dass Golos-Beobachter teils keinen Zugang zu Wählerverzeichnissen erhielten.

Die Organisation ist seit Jahren als "ausländischer Agent" gebrandmarkt und dem russischen Machtapparat ein Dorn im Auge. Erst vor wenigen Wochen wurde ihr Co-Vorsitzender Grigori Melkonjanz festgenommen.

Auch unabhängige russische Medien wie das Portal Medusa berichteten von Verstößen bei den Wahlen, durch die in 22 Gebieten Gouverneure und in 16 die Regionalparlamente neu bestimmt werden sollen. So sollen etwa bei der Bürgermeisterwahl in Moskau Mitglieder der Wahlkommission Stimmzettel ausgetauscht haben. Aus der Stadt Bratsk in Sibirien gab es Berichte über gekaufte Stimmen.

In Südrussland sollen Wahlbeobachter eingeschüchtert worden sein, indem ihnen Vorladungen zu Wehrkreisersatzämtern ausgehändigt worden seien. Angesichts massiver Repressionen gegen Oppositionelle in Russland bezeichnen unabhängige Beobachter die Abstimmungen als die unfreisten Wahlen seit Beginn der Herrschaft von Präsident Wladimir Putin vor rund 24 Jahren. Nach dem traditionell wichtigsten Wahltag am Sonntag werden erste Ergebnisse nach Angaben der zentralen Wahlbehörde für die Nacht zum Montag erwartet.

Wahlergebnisse in besetzten Gebieten international nicht anerkannt

Putin gab indes seine Stimme per Online-Votum ab. "Ich rufe die Bewohner der Regionen, in den derzeit gewählt wird, zur Teilnahme auf", sagte Putin in einem vom Kreml verbreiteten Video, in dem er in seinem Büro vor dem Computer sitzend gezeigt wird. Der Kremlchef betonte zudem, er hoffe, dass "jeder von Ihnen eine verantwortungsvolle, staatsbürgerliche Haltung zeigt".

Anderthalb Jahre nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der Kreml zudem in vier annektierten ukrainischen Gebieten Scheinwahlen angesetzt. Die Ergebnisse dieser von der Besatzungsmacht organisierten Urnengänge werden international allerdings nicht anerkannt.

Das Auswärtige Amt in Berlin und das ukrainische Außenministerium kritisierten die Kommunalwahlen in den besetzten ukrainischen Gebieten scharf. Bei den "Scheinwahlen" handle es sich um "nichts weiter als eine durchschaubare Propagandaübung", erklärte das Außenministerium in Berlin bei X, ehemals Twitter. "Wir erkennen Russlands versuchten Landraub nicht an." "Russlands Pseudo-Wahlen" hätten "keinen Wert", teilte das ukrainische Außenministerium mit. Es warf Moskau eine "grobe Verletzung" seiner Souveränität vor.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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