Fernsehköchin zieht Bilanz Sarah Wiener verzweifelte "manchmal" im EU-Parlament
30.03.2024, 21:38 Uhr Artikel anhören
Die Zeit von Sarah Wiener (rechts) im EU-Parlament endet nach den nächsten Wahlen im Juni.
(Foto: picture alliance / ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com)
Für eine Legislaturperiode sitzt Fernsehköchin Sarah Wiener für die österreichischen Grünen im EU-Parlament. Die Zeit behält sie mit gemischten Gefühlen in Erinnerung, erzählt sie in einem Interview. Besonders das Verhalten einiger Abgeordneten habe sie irritiert.
Die Fernsehköchin und Politikerin Sarah Wiener blickt kritisch auf ihre Zeit als Abgeordnete im EU-Parlament zurück. "Es hat mindestens zwei Jahre gedauert, den Parlamentsprozess zu durchdringen", sagte sie dem "Spiegel". "Manchmal bin ich schier verzweifelt, weil ich noch immer nicht verstanden habe, wie die Dinge ablaufen." Wiener war 2019 für die österreichischen Grünen ins EU-Parlament eingezogen, bei der Wahl im Juni tritt sie nicht erneut an.
Sicher habe sie auch eine "naive Vorstellung von Politik" gehabt. "Ich dachte, ich treffe auf lauter engagierte Fachpolitiker, die mit Herzblut und Intellekt für ihr Anliegen kämpfen", so die Köchin. Als sie im Parlament über Prinzipien und Moral gesprochen habe, hätten manche Politiker sie angeschaut, "als hätte ich zu viele Pilze gegessen".
Schwer tat sich Wiener auch mit der Rolle als Politikerin. Das Medieninteresse als Köchin habe sich nicht auf ihre Politik übertragen lassen: "Es gab nie so wenig Interesse für mich in der Zeit, in der ich am meisten etwas zu sagen gehabt hätte", sagte Wiener. Insgesamt bezeichnet sie ihre Zeit im EU-Parlament aber als "wichtige Lebenszeit", in der sie enorm viel gelernt habe.
Ihren größten politischen Erfolg bezeichnete sie gleichzeitig als ihre größte Niederlage. Als Verhandlungsführerin im Umweltausschuss habe sie eine stabile Mehrheit für ein Gesetz zur Pestizidreduktion organisieren können. "Das galt als sehr unwahrscheinlich, weil es von der ersten Minute an enormen Gegenwind von Lobbyisten und einer Front aus rechten bis rechtsradikalen Politikern gab", sagte Wiener.
Doch: Der Gesetzentwurf schaffte es nicht durchs Parlament. Im Plenum sei das Vorhaben dann mit Änderungsanträgen durchlöchert und so stark verwässert worden, "dass ich meiner Fraktion empfohlen habe, meinem amputierten Text nicht zuzustimmen. Das war bitter". Sie habe sogar versucht, mit Rechtsradikalen zu verhandeln. Ohne Glück. Schlussendlich hatte die Kommission den Vorschlag für die Pestizidreduktion zurückgezogen. "Es war aus meiner Sicht der strategisch richtige Weg, den Vorschlag zurückzuziehen, wenn man das inhaltlich stark umsetzen will", sagte Wiener.
Quelle: ntv.de, ses