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Trotz Kritik von allen Seiten Scholz begründet sein Nein zur Taurus-Lieferung

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Steht in der Kritik: Olaf Scholz.

Steht in der Kritik: Olaf Scholz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Vorerst will Kanzler Scholz keine deutschen Marschflugkörper in die Ukraine liefern, damit solle eine Eskalation des Krieges vermieden werden. Das Zögern in der Taurus-Frage stößt selbst den Koalitionspartnern übel auf. Bei der Opposition fällt die Kritik noch harscher aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sein vorläufiges Nein zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörper damit begründet, dass er eine Eskalation des Krieges vermeiden will. Bei den Waffenlieferungen in die Ukraine müsse beachtet werden, "was uns die Verfassung vorgibt und was unsere Handlungsmöglichkeiten sind", sagte Scholz nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Rande des Europa-Gipfels im spanischen Granada. "Dazu zählt ganz besonders die Tatsache, dass wir selbstverständlich gewährleisten müssen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt und dass auch Deutschland nicht Teil der Auseinandersetzung wird."

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Scholz vorerst keine Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern in die Ukraine liefern will. Die Ukraine hatte bereits Ende Mai eine entsprechende Anfrage gestellt. Nach dem Treffen mit Selenskyj betonte Scholz erneut, dass die alle Entscheidungen über die militärische Unterstützung der Ukraine sorgfältig abgewogen werden müssten. "Wenn der Krieg so lange dauert, kann das ja nicht so sein, dass die Abwägungen einmal aufhören."

Zuvor hatte es scharfe Kritik von der Union, aber auch Teilen der Ampel-Koalition am anhaltenden Widerstand des Kanzlers bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gegeben. Hier gehe es "nicht um ein einzelnes Waffensystem, da geht es um die Grundhaltung", sagte der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter im Deutschlandfunk. Aus CDU und CSU wurde der Kanzler als "Totalausfall" bezeichnet.

Begründet wurde die Verweigerung der Taurus-Lieferung aus der Bundesregierung mit Vorbehalten, wonach für den Taurus-Einsatz aus Deutschland Geodaten zugeliefert werden müssten. Zudem sollen deutsche Regierungsvertreter die Sorge geäußert haben, mit den Marschflugkörpern könnte die Kertsch-Brücke zur von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zerstört werden.

Zwischen "Ablenkungsdebatte" und "Zaudern"

Hofreiter sprach mit Blick auf die Geodaten von einer "Ablenkungsdebatte". Der Grünen-Politiker nannte es "ein großes Problem", in der Bundesregierung ständig "monatelang über ein Waffensystem zu diskutieren, um es dann zu spät zu liefern". Es gehe jedoch darum, "Entschlossenheit zu zeigen", damit Russlands Präsident Wladimir Putin erkenne, dass sich eine Fortführung des Krieges nicht lohne.

Deutschland und der Westen müssten die Ukraine "so unterstützen, dass sie den Krieg gewinnen wird". Der Grünen-Politiker und Leiter des Zentrums Liberale Moderne, Ralf Fücks warf Scholz auf X, vormals Twitter, vor, sein Ziel sei, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland zwar nicht verliere, sie solle ihn aber "auch nicht gewinnen".

Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann warf Scholz bei X "fortwährendes Zaudern mit fragwürdigen Argumenten" vor. Das Verhalten des Kanzlers sei "unfassbar". "Trotz gehört in den Kindergarten, nicht ins Kanzleramt", schrieb sie weiter. Der FDP-Politiker Marcus Faber warf dem Kanzler vor, die von ihm selbst ausgerufene Zeitenwende zu "verschlafen".

Kiesewetter: "Totalausfall Deutschlands"

"Die Kommunikation der Bundesregierung zu Taurus ist unehrlich", schrieb auf X auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Die Diskussion über technische Fragen wertete auch er als "Ausreden". "Scholz hatte nie vor zu liefern, gerade weil Taurus hochwirksam für die Ukraine wäre", warf Röttgen dem Kanzler vor. Dieses Handeln sei "unverantwortlich und kurzsichtig".

"Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbst ernannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter der "Bild"-Zeitung.

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Rückendeckung erhielt Scholz von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. "Wir alle sollten ihm weiter vertrauen, dass er die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit trifft", sagte er dem TV-Sender Welt. Dies gelte auch für die Taurus-Flugkörper. Kühnert verwies auf Sorgen vor einer Ausweitung des Krieges.

Der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Danilow bezeichnete die Sorgen auf deutscher Seite in der ARD als unbegründet. Er sicherte erneut zu, sein Land werde mit Taurus-Flugkörpern keine Ziele in Russland angreifen. Es gehe der Ukraine nur darum, die eigenen Territorien zu befreien und "dass es aufhören muss, dass unsere Kinder getötet werden".

Quelle: ntv.de, ses/mba/AFP/dpa

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