Hunderttausende fliehen Scholz warnt Israel vor Rafah-Offensive
11.05.2024, 20:18 Uhr Artikel anhören
Israelische gepanzerte Fahrzeuge in der Nähe des Grenzübergangs Kerem Shalom im Süden Israels.
(Foto: picture alliance/dpa/JINI via Xinhua)
Die Sorge vor einer Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes im südlichsten Teil des Gazastreifens wächst. Hunderttausende Palästinenser werden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Bundeskanzler Scholz hält das israelische Ansinnen einer Offensive auf Rafah für "unverantwortlich".
Bundeskanzler Olaf Scholz warnt die israelische Regierung vor einer Militäroffensive auf Rafah. Eine solche Offensive wäre "unverantwortlich", sagt er bei einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Er glaube nicht, dass dies "ohne unglaubliche menschliche Verluste" möglich sei. Auf eine Frage nach Waffenlieferungen behauptete Scholz, die Bundesregierung liefere nur dann Waffen, wenn im Einzelfall klar sei, dass sie nicht in völkerrechtlich strittigen Situationen eingesetzt werden könnten. Waffen wie die USA liefere Deutschland an Israel ohnehin nicht.
Die israelische Armee forderte indes die Menschen in Rafah zum Verlassen weiterer Stadtgebiete auf. Die Sorge vor einer Ausweitung des Militäreinsatzes in der südlichsten Stadt des Gazastreifens vergrößert sich damit. Familien würden überall in der Stadt ihre Sachen packen, schrieb eine Mitarbeiterin des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA auf X. "Die Straßen sind deutlich leerer." Israel hatte zu Wochenbeginn einen Einsatz von Bodentruppen in den östlichen Außenbezirken von Rafah gestartet, um den Kampf gegen die Terrororganisation Hamas auszuweiten. Nach UNRWA-Angaben flüchteten seitdem 150.000 Palästinenser aus Rafah. Nach Darstellung des israelischen Miltärs sollen es sogar schon 300.000 Menschen sein.
USA drohen mit Beschränkung von Waffenlieferungen
Israels militärisches Vorgehen in dem an Ägypten grenzenden Teil des abgeriegelten Küstenstreifens ist international höchst umstritten. Bis zuletzt drängten sich dort mehr als eine Million Menschen zusammen, die aus anderen Teilen des Gazastreifens geflohen waren. Eine Ausweitung der israelischen Offensive könnte dazu führen, dass Hunderttausende Zivilisten zwischen die Fronten geraten, befürchten Hilfsorganisationen. Auch die ohnehin prekäre Versorgung der Menschen könnte völlig zusammenbrechen.
Die USA, Israels wichtigster Verbündeter, warnen das Land eindringlich vor einer großangelegten Offensive. US-Präsident Joe Biden drohte zuletzt sogar mit der Beschränkung von Waffenlieferungen. Die Kämpfe hatten bisher nicht das dicht bebaute, mit improvisierten Flüchtlingslagern übersäte Zentrum von Rafah erreicht. Am heutigen Samstag forderte die israelische Armee die Bevölkerung jedoch auf, weitere Gebiete im Osten sowie erstmals auch im Zentrum der Stadt zu verlassen.
In einer Botschaft, die das Militär auf Arabisch über die Plattform X, in Form von Textnachrichten und auf Flugblättern verbreitete, zählten die Streitkräfte die betroffenen Zonen auf, darunter zwei Flüchtlingslager. Die rund 300.000 betroffenen Menschen müssten sich unverzüglich in die Ortschaft Al-Mawasi an der Mittelmeerküste begeben, hieß es. Hilfsorganisationen bezweifeln, dass dort eine große Zahl von Menschen angemessen versorgt werden kann.
Quelle: ntv.de, mpe/dpa/rts