"Drücke die Daumen" gegen Le Pen Scholz wechselt täglich SMS mit Macron
03.07.2024, 01:07 Uhr Artikel anhören
Bezieht klar Stellung gegen Le Pen: Bundeskanzler Scholz wünscht den Franzosen keine rechtspopulistische Regierung.
(Foto: picture alliance/dpa)
Üblicherweise vermeiden es Regierungschefs, die Wahlen anderer Länder zu kommentieren. Im Falle Frankreichs macht der Bundeskanzler eine Ausnahme. Ein Sieg der Rechtspopulisten wäre bedrückend, erklärt Scholz. Täglich greift er derzeit zum Handy, um Macron zu schreiben.
Vor der entscheidenden Runde der Parlamentswahl in Frankreich am Sonntag hat Bundeskanzler Olaf Scholz dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron den Rücken gestärkt. Im Augenblick schreibe er sich täglich SMS mit Macron, sagte Scholz beim Sommerfest der Parlamentarischen Linken der SPD in Berlin. "Wir diskutieren über die Situation, die ja auch wirklich bedrückend ist."
Macron hatte nach der verlorenen Europawahl eine Neuwahl des Parlaments herbeigeführt. In der ersten Runde war das rechte Rassemblement National von Marine Le Pen stärkste Kraft geworden, vor einem neuen Linksbündnis und dem Mitte-Lager von Präsident Macron auf Platz drei. Erst in der entscheidenden zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag entscheidet sich aber die Zusammensetzung der Nationalversammlung.
Obwohl sich Bundeskanzler eigentlich aus demokratischen Wahlen anderer Länder heraushalten, bezog Scholz klar Position für den zweiten Wahlgang: "Ich jedenfalls drücke die Daumen, dass es den Franzosen, die ich so liebe und schätze, dem Land, das mir so viel bedeutet, gelingt zu verhindern, dass es dort eine Regierung gibt, die von einer rechtspopulistischen Partei geführt wird", sagte Scholz.
Macron-Lager und Linke bilden taktisches Bündnis
Der französische Premierminister Gabriel Attal warb erneut für eine "vielfältige Nationalversammlung, in der verschiedene politische Kräfte vertreten sind". Aber es gehe auf jeden Fall darum, eine absolute Mehrheit des rechtsnationalen Rassemblement National zu verhindern, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt. In etlichen Wahlkreisen gelte es deshalb, gegen die rechten Kandidaten zu stimmen, indem man seine Stimme einem politischen Mitbewerber gebe, der mehr Chancen habe als der Kandidat des eigenen Lagers. Dies bedeute aber nicht, dass man die politischen Bestrebungen des Mitbewerbers damit auch unterstütze - etwa wenn Anhänger des Macron-Lagers zur Blockade der extremen Rechten für Bewerber des Linksbündnisses stimmten.
Wie am Abend nach Ablauf der dafür geltenden Frist bekannt wurde, hat es in über 210 der 577 Wahlkreise für die Endrunde der Wahl taktische Absprachen gegeben. Das heißt, dass im ersten Durchgang drittplatzierte Bewerber des Linksbündnisses oder des Regierungslagers ihre Kandidatur dort zurückzogen, um dem jeweils anderen einen Sieg gegen rechts zu ermöglichen. Nach einer vorläufigen Auszählung der Zeitung "Le Parisien" geht es um 215 Wahlkreise. 76 der 577 Parlamentssitze wurden bereits in der ersten Wahlrunde direkt vergeben.
Der Wahlkampfkoordinator der Linkspartei, Manuel Bompard, schloss im Interview des Senders BFMTV eine Regierungszusammenarbeit seiner Partei mit dem Präsidentenlager aus. "Unsere Parteivertreter werden nur regieren, um ihr Programm umzusetzen, ausschließlich ihr Programm." RN-Anführerin Le Pen, bekräftigte den Anspruch, mit einer absoluten Mehrheit die Regierung übernehmen zu wollen. "Wir möchten regieren, damit die Dinge klar sind", sagte sie dem Sender France Inter.
Quelle: ntv.de, mau/dpa