"Das ist ein starkes Stück" Schulz wirft Merkel Wählertäuschung vor
14.07.2017, 13:19 Uhr
Martin Schulz zu Gast im Airbus-Werk.
(Foto: picture alliance / Christian Cha)
Über die Reform der EU und der Eurozone will Kanzlerin Merkel erst nach der Wahl sprechen. Das ärgert den SPD-Kanzlerkandidaten massiv. Die Wähler hätten einen Anspruch darauf, zu erfahren, was die Bundesregierung wolle, so Schulz.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, die Wähler im Unklaren über ihre politischen Ziele zu lassen. Merkel habe bei den deutsch-französischen Konsultationen in Paris gesagt, über eine Reform Europas werde sie nach der Bundestagswahl sprechen, sagte Schulz bei einem Besuch der Airbus-Niederlassung in Hamburg. Das sei "ein starkes Stück".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bei dem Treffen am Donnerstag konkrete Vorschläge gemacht, Merkel vertröstete ihn jedoch auf die Zeit nach der Bundestagswahl. "Ich finde, die Wählerinnen und Wähler haben den Anspruch darauf, vor der Wahl zu erfahren, was die Bundesregierung anstrebt."
Die EU sei "die Grundvoraussetzung für den weiteren Erfolg der Bundesrepublik", so der SPD-Vorsitzende. Das müsse man den Wählern auch so sagen. Das Beispiel der wirtschaftlichen Konkurrenz mit China zeige: "Europa kann sich keine Kleinstaaterei leisten, in keinem einzigen Bereich."
Merkel müsse aufhören, ihre Positionen erst für die Zeit nach der Wahl anzukündigen, sagte Schulz. Er kritisierte, "dass in diesem Land immer behauptet wird, vor allem von der Chefin dieser Regierung, dass die Krisen bewältigt seien". Das Gegenteil sei der Fall. Merkel hangele sich "von Gipfel zu Gipfel", habe aber keine Krise gelöst – weder die Flüchtlingskrise noch die Griechenlandkrise.
"Anschlag auf die Demokratie"
Mit Blick auf die Debatte über die Krawalle während des G20-Gipfels in Hamburg warf Schulz Merkel vor, sich zu verstecken. Wie die Kanzlerin sich mit diesem Thema beschäftige, "so zu tun, als sei sie gar nicht in Hamburg gewesen", sei nicht akzeptabel. Hamburgs SPD-Bürgermeister Olaf Scholz hatte sich am Mittwoch in einer Regierungserklärung dafür entschuldigt, dass die Ausschreitungen nicht verhindert werden konnten.
Bereits Ende Juni hatte Schulz der Kanzlerin vorgeworfen, "systematisch die Debatte um die Zukunft des Landes" zu verweigern. "Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie", sagte der SPD-Chef damals. Die Äußerung sorgte für scharfe Reaktionen aus der Union.
Schulz sprach am Airbus-Standort mit dem Airbus-Vorstandsvorsitzenden Thomas Enders sowie mit Vertretern der Personalabteilung und des Betriebsrates. Anschließend lobte er das Unternehmen für seine Maßnahmen zur innerbetrieblichen Qualifizierung. Er forderte, die Bundesagentur für Arbeit müsse zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung weiterentwickelt werden. Qualifizierung sei nicht nur ein Wahlkampfthema, betonte Schulz, sondern eine Frage der Bildungsgerechtigkeit.
Quelle: ntv.de