Politik

EU: "Sorgen bleiben die selben" "Schwieriges" Polen wird weiter beobachtet

imago0100283225h.jpg

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski hätte gerne am Sonntag für seinen politischen Weggefährten Andrzej Duda abgestimmt.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Eigentlich sollten die Polen am kommenden Sonntag ihren Präsidenten wählen, das lag besonders der Regierungspartei PiS am Herzen. Die EU sieht das Prozedere kritisch. Nun kommt es anders: Die Wahl ist verschoben, die Sorgen aber bleiben.

Die Probleme mit der Präsidentschaftswahl in Polen sind nach Auffassung der EU-Kommission trotz der nun angekündigten Verschiebung nicht ausgeräumt. "Die Sorgen bleiben dieselben", sagte Justizkommissar Didier Reynders in Brüssel. Es brauche in Polen eine öffentliche Debatte und eine politische Einigung darüber, wie und wann die Wahl im Kontext der Corona-Pandemie abgehalten werden sollte.

Die regierenden PiS-Partei hatte am Mittwoch die Verschiebung der Präsidentschaftswahl verkündet. Die PiS hatte den Urnengang trotz der Corona-Pandemie bisher unbedingt am Sonntag abhalten wollen. Unter anderem das Vorhaben, eine reine Briefwahl abzuhalten, hatte heftige Proteste ausgelöst.

"Ich begrüße die Debatte, die es in Polen gegeben hat, aber wir werden die Vorbereitung dieser Wahlen weiterverfolgen", sagte Reynders. Bislang sei wegen der Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kein öffentlicher Wahlkampf möglich gewesen. Eine reine Briefwahl sei zudem problematisch, weil eventuell nicht alle Wahlberechtigten hätten teilnehmen können.

Hinzu kämen datenschutzrechtliche Bedenken: Der Europäische Datenschutzausschuss untersuche derzeit, ob bei der Zusammenstellung der Adresslisten alles regelkonform gelaufen sei, sagte Reynders. "Es wird versucht, genau zu ergründen, auf welche Daten die polnischen Postdienste Zugriff hatten."

Wenn sie nun weit genug hinausgeschoben werde, "gibt es keinen Grund mehr, warum die Wahl nicht auch durch physische Anwesenheit in den Wahllokalen stattfinden kann", fügte er hinzu. All dies müsse aber auch vor dem Hintergrund "der ganzen Schwierigkeiten" gesehen werden, "die wir schon haben mit Polen in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit".

Vertreter der Opposition begrüßten zwar die Tatsache, dass die Wahl nun verschoben wird. Sie bemängelten aber die Art des Vorgehens. "Nicht das Verfassungsgericht, nicht die parlamentarische Mehrheit, nicht die Wahlkommission entscheiden, sondern nur der PiS-Vorsitzende Kaczynski", sagte der Präsidentschaftskandidat vom Linksbündnis, Robert Biedron. Dies zeige den "gesellschaftlichen Missstand" in Polen.

Laut dem Bewerber der konservativen Bauernpartei PSL, Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, zeige die Situation den Niedergang der politischen Strukturen und der Organisation des polnischen Staates. "Wir werden von den Regierenden behandelt wie Untertanen. Der Bürger ist heute nicht der Herr in seinem Staat und hat keine Kontrollmöglichkeiten.

Großer Druck auf das Justizsystem

Die EU-Kommission liegt seit Jahren wegen verschiedener Änderungen im Justizwesen mit der rechtsgerichteten Regierung in Warschau über Kreuz. Brüssel wirft Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz systematisch zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. Erst vergangene Woche leitete die Behörde ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren "zum Schutz der Unabhängigkeit der Richter in Polen" ein.

Der Vorsitzende der Partnerpartei der PiS in der Regierung, Jaroslaw Gowin, sagte, die Wahl werde nun nicht im Mai stattfinden. Experten würden zunächst mit der Arbeit an Änderungen des Gesetzes über die Briefwahl beginnen.

Nach Ansicht von Kritikern hätte die Wahl die Chancen von Präsident Andrzej Duda auf eine Wiederwahl erhöht. Während die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann, ist der Amtsinhaber mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus regelmäßig in den Medien präsent. Duda ist eng mit PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski verbündet.

Quelle: ntv.de, ter/afp

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen