Ermittlungen zu "Partygate" Scotland Yard springt Johnson bei
28.01.2022, 11:42 Uhr
Boris Johnson könnte von den Ermittlungen von Scotland Yard profitieren.
(Foto: AP)
Englands Premierminister Boris Johnson muss die Veröffentlichung eines Berichts zu Veranstaltungen in seinem Regierungssitz fürchten. Kurz vor der Veröffentlichung könnte ihm Scotland Yard eine Exitstrategie verschaffen: Londons Polizei ermittelt in dem Fall und bittet darum, den Bericht stark zu zensieren.
Die Londoner Polizei will, dass der mit Spannung erwartete Bericht über Lockdown-Partys im britischen Regierungssitz Downing Street nur stark zensiert veröffentlicht wird. "Wir haben darum gebeten, in dem Bericht des Cabinet Office nur minimalen Bezug auf die Veranstaltungen zu nehmen, die von der Metropolitan Police untersucht werden", hieß es in einer Mitteilung von Scotland Yard. Damit solle "jegliche Befangenheit" bei den Ermittlungen verhindert werden, hieß es zur Begründung.
Die Polizei hatte am Dienstag überraschend angekündigt, in der Sache zu ermitteln. Die Veröffentlichung des internen Regierungsberichts durch die Spitzenbeamtin Sue Gray wurde dadurch verzögert. Eigentlich wurde schon in dieser Woche mit dem Bericht gerechnet. Die Liste der mutmaßlich illegalen Zusammenkünfte ist lang: Mehrere Weihnachtsfeiern, eine Geburtstagsrunde, eine Gartenparty und nächtliche Besäufnisse vor dem Begräbnis des langjährigen Queen-Gatten Prinz Philip. Grays Bericht soll klären, wer wann wo, wie oft und wie lange mit wem gefeiert hat.
Für den seit Wochen heftig unter Druck stehenden Premierminister Boris Johnson sind das gute Neuigkeiten. Der interne Bericht zu mehreren Events in dessen Amtssitz 10 Downing Street und anderen Regierungsgebäuden gilt als hoch brisant. Berichten zufolge sollen Regierungsmitarbeiter und auch Johnson selbst während der Pandemie mit Feiern gegen die eigenen Lockdown-Regeln verstoßen haben. Sollte sich das bestätigen, gilt ein Misstrauensvotum gegen den Premier als wahrscheinlich.
Einem Regierungssprecher zufolge wollte Sue Gray sich von der Polizei versichern lassen, dass der Inhalt ihres Berichts den Ermittlungen nicht in die Quere kommt. Medienberichten zufolge könnte dahinter auch der Wunsch stecken, eine Version des Berichts vorzulegen, die vor weiteren Zensurversuchen geschützt ist.
Johnson schien sich zumindest die Hintertüre offen zu lassen, unter dem Vorwand polizeilicher Bedenken Teile des Reports zurückzuhalten. Am Morgen hatte er auf einer Reise nach Wales auf Reporterfragen geantwortet, "natürlich" werde der Bericht vollständig veröffentlicht werden. Nun dürfte er weiter wertvolle Zeit gewinnen, denn ein stark zensierter Bericht dürfte ihn wohl kaum gefährden. Wann der Bericht an die Öffentlichkeit gelangen wird, ist weiterhin völlig offen. Eigentlich war schon am Mittwoch damit gerechnet worden, dann am Donnerstag, nun gilt eine Verzögerung bis mindestens Montag als möglich. Johnson hat zugesagt, sich im Anschluss an die Veröffentlichung im Parlament rechtfertigen zu wollen.
Quelle: ntv.de, ter/dpa