100 Millionen Euro Schmiergeld? Spaniens Justiz nimmt sich Ex-König vor
08.06.2020, 17:09 Uhr
Spaniens Ex-König Juan Carlos kann sich der Strafverfolgung nicht mehr entziehen.
(Foto: imago images / Agencia EFE)
Über vier Jahrzehnte seiner Regentschaft genießt Spaniens Ex-König Juan Carlos Schutz vor Strafverfolgung. Doch als der Druck zu groß wird, dankt er 2014 ab - und kann sich seitdem dem Zugriff der Justiz nicht mehr entziehen. Die ermittelt nun wegen eines gigantischen Schmiergeld-Komplexes.
In einem Skandal um mutmaßliche Schmiergeldzahlungen beim Bau einer Schnellbahnstrecke in Saudi-Arabien durch ein spanisches Konsortium hat das Oberste Gericht in Madrid Ermittlungen gegen Ex-König Juan Carlos eingeleitet. Bei den Untersuchungen gehe es darum, die "strafrechtliche Relevanz der Taten abzugrenzen oder auszuschließen", die seit der Abdankung von Juan Carlos als König im Juni 2014 nachzuweisen seien, teilte die Staatsanwaltschaft am Obersten Gericht mit.
In der sogenannten "Affäre um den Wüsten-Zug" ermitteln die für Korruption und Wirtschaftsdelikte zuständigen Behörden schon seit 2018. Im Jahr 2008 soll Juan Carlos Schmiergeld in Höhe von 100 Millionen US-Dollar aus Saudi-Arabien kassiert haben. Die von mehreren spanischen Firmen gebaute Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Mekka und Medina wurde im Oktober 2018 eingeweiht. Für die rund 450 Kilometer benötigt der "Al Haramain"-Schnellzug etwa zwei Stunden. Für die Passagiere, darunter Millionen Pilger, verkürzte sich die Fahrzeit um über 50 Prozent.
Für die vier Jahrzehnte, die er König und Staatsoberhaupt von Spanien war (22. November 1975 bis 14. Juni 2014) genießt Juan Carlos Immunität. Nach seinem Thronverzicht zugunsten seines Sohnes Felipe VI. hat der heute 82-Jährige zwar noch Sonderrechte, er kann aber vom Obersten Gericht auf die Anklagebank gesetzt werden. Obwohl die mutmaßliche Schmiergeldzahlung 2008 erfolgte, könnte Juan Carlos in Zusammenhang mit dem Skandal unter anderem der Geldwäsche in der Zeit nach 2014 beschuldigt werden.
Nach vielen Skandalen - Felipe brach im Zuge einer millionenschweren Finanzaffäre am 15. März sogar mit seinem Vater - und einem anschließenden historischen Protest der Bevölkerung steht das angeschlagene Königshaus unter Druck. Das Königshaus hatte daraufhin angekündigt, Juan Carlos das Gehalt zu streichen. Er hatte zuletzt immerhin rund 194.000 Euro jährlich aus der Haushaltskasse der Bourbonen bekommen. Dennoch fordern immer mehr Spanier eine Abschaffung der Monarchie.
Quelle: ntv.de, ter/dpa