Politik

Regierungsnahe Spitze montiert? Streit um Finanzhof-Präsidium verschärft sich

Justizministerin Lambrecht streitet sich mit den Präsidenten der Bundesgerichte.

Justizministerin Lambrecht streitet sich mit den Präsidenten der Bundesgerichte.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa/Archivbild)

Mit der Wahl eines neuen Präsidiums beendet das Justizministerium die Führungslosigkeit des Bundesfinanzhofs. Die Präsidenten anderer Bundesgerichte aber werfen Ministerin Lambrecht vor, das altbewährte Auswahlverfahren verändert zu haben.

Nach monatelanger Vakanz und einem Disput mit den Präsidenten der Bundesgerichte ist eine neue Führungsspitze für den Bundesfinanzhof (BFH) in Sicht. Das Justizministerium hat die Auswahlentscheidung für die Neubesetzung von Präsidenten- und Vizepräsidentenstelle getroffen, wie eine Sprecherin in Berlin sagte. Um wen es sich handelt, gab das Ministerium nicht bekannt.

Dem Vernehmen nach sind es die zwei Kandidaten, an denen sich der Streit im vergangenen Jahr entzündet hatte. Im Raum steht der Vorwurf, dass die Führungspositionen am BFH auf Kosten der fachlichen Eignung mit politisch ausgewählten Kandidaten besetzt werden sollen. Präsident soll demnach Hans-Josef Thesling werden, ein CDU-naher Beamter im nordrhein-westfälischen Justizministerium, zuvor Leiter des Finanzgerichts in Düsseldorf. Als Vizepräsidentin ausgewählt ist demnach Anke Morsch, derzeit Präsidentin des saarländischen Finanzgerichts und ehemalige SPD-Staatssekretärin.

Bei den Präsidenten der Bundesgerichte war dies auf Widerstand gestoßen, die Justizministerin Christine Lambrecht von der SPD vorwarfen, die fachlichen Anforderungen eigenmächtig außer Kraft gesetzt zu haben. Offiziell sind die zwei Personalien nicht. Unterlegene Bewerber können zunächst Widerspruch einlegen. Da dies in diesem Fall als wahrscheinlich gilt, könnte es noch länger dauern, bis der BFH wieder eine Leitung hat.

"Zu bedauern, dass es so weit kommen musste"

"Was wir am Bundesfinanzhof sehen, ist ein Schritt in die falsche Richtung", kritisierte Peter Rennert, der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Auch nach der Ernennung eines neuen BFH-Präsidiums können die abgewiesenen Kandidaten noch vor dem Verwaltungsgericht Klage einreichen. "Der Streit um die Besetzung der Vizepräsidentenstelle beim Bundesfinanzhof wird nun möglicherweise vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen", sagte Matthias Loose, der stellvertretende Vorsitzende des Richtervereins am Bundesfinanzhof. "Es ist zu bedauern, dass es so weit kommen musste."

Der frühere Präsident Rudolf Mellinghoff war im Sommer pensioniert worden, seine Stellvertreterin im Herbst. Streit gab es insbesondere um die Besetzung der Vizestelle. Diese wurde bislang an allen Bundesgerichten traditionell mit einem Kandidaten aus den eigenen Reihen besetzt.

Die SPD-Politikerin Morsch hat zwar Erfahrung als Finanzgerichtspräsidentin, aber nicht am Bundesfinanzhof, an dem es in aller Regel um Revisionsentscheidungen geht. "Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik soll nach ihrem Vorschlag eine Vizepräsidentenstelle bei einem der Obersten Bundesgerichte durch eine Kandidatin besetzt werden, die bislang über keine revisionsrichterliche Erfahrung verfügt", sagte Loose zu Lambrechts Entscheidung.

Quelle: ntv.de, lwe/dpa

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