Plädoyer von Zschäpe-Anwältin Sturm: NSU war keine Terror-Gruppe
20.06.2018, 14:43 Uhr
Beate Zschäpe droht lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung.
(Foto: dpa)
Im Prozess um die Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" stellt die Verteidigerin von Beate Zschäpe nicht mehr nur deren Beteiligung infrage, sondern auch die rechtliche Einordnung des NSU als terroristische Vereinigung. Beenden kann sie ihr Plädoyer nicht.
Beate Zschäpes Anwältin Anja Sturm zweifelt daran, dass der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) im rechtlichen Sinn eine terroristische Vereinigung gewesen ist. Dafür seien mindestens drei Mitglieder nötig, sagte sie in ihrem Plädoyer im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Es kämen dafür aber nur die beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt infrage, nicht die Hauptangeklagte Beate Zschäpe. "Beate Zschäpe war Mitglied einer Wohngemeinschaft. Sie war nicht Mitglied einer terroristischen Vereinigung", sagte Sturm.
Nach Ansicht der Verteidigerin seien Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt im Januar 1998 nicht "strategisch untergetaucht", sondern wegen drohender Festnahme der beiden Männer "vielmehr überstürzt und ungeplant" geflüchtet. Ihren ersten Überfall hätten Mundlos und Böhnhardt dann nur deshalb verübt, weil das Geld knapp gewesen sei und die drei vorübergehend in nur einem Zimmer lebten.
Mit sarkastischem Unterton setzte Sturm hinzu, dem Verständnis des Generalbundesanwalts zufolge hätten "Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe eine terroristische Vereinigung aus Geldknappheit" gegründet.
Verfahren wegen Kopfschmerzen unterbrochen
Die Bundesanwaltschaft sieht Zschäpe als gleichrangiges Mitglied des NSU und hat lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung für sie gefordert. Zschäpe sei vor allem an der Serie von zehn Morden aus Fremdenhass und Hass auf den Staat mitschuldig. Neun der Opfer waren türkisch- und griechischstämmige Gewerbetreibende, eines eine Polizistin.
Zschäpes zwei Verteidiger-Teams verlangen einen Freispruch von allen Terror-Anklagepunkten. Böhnhardt und Mundlos hatten sich im November 2011 nach einem gescheiterten Banküberfall selbst erschossen. Wegen Kopfschmerzen des Mitangeklagten André E. wurde das Verfahren während des Plädoyers unterbrochen. Es soll am morgigen Donnerstag weitergehen, mit Fortsetzung des Plädoyers von Sturm.
Quelle: ntv.de, jug/dpa