Unterirdische Drohnenwerkstatt Syrische Armee findet Dschihadisten-Tunnel
03.10.2019, 14:51 Uhr
In der syrischen Provinz Hama sollen bis zu 5000 Menschen in einem weitläufigen Höhlensystem Platz gefunden haben.
(Foto: REUTERS)
Wohnräume, ein Gebetssaal und sogar eine Drohnenwerkstatt - all das hat die syrische Armee wohl in einem ausgeklügelten Tunnelsystem in der Provinz Hama ausfindig gemacht. Scheinbar ist es nicht das einzige seiner Art.
Über viele hundert Meter erstrecken sich die Gänge und Höhlen, die die Dschihadisten in die felsigen Hügel im Norden der syrischen Provinz Hama gegraben haben. Hier, tief unter der Erde, finden sich Wohnräume, ein Gebetssaal, eine Drohnenwerkstatt und ein Gefängnis. Bis zu 5000 Menschen sollen in dem weitläufigen Höhlensystem Platz gefunden haben, wie die russische Armee bei einem Besuch des Labyrinths für ausländische Journalisten erklärt.
"Wir glauben, dass dieser Komplex vor vier Jahren mit hochentwickelten Werkzeugen gegraben wurde, die wir hier in Syrien nicht besitzen", sagt der syrische Oberst Rami bei dem Rundgang durch die Anlage, begleitet von Minenräumexperten der russischen Armee. Die Dschihadisten hätten sich nach Chan Scheichun zurückziehen müssen, sagt er, bevor sie nach der Einnahme der Stadt Ende August weiter nach Norden geflohen seien.
Der Weg zum Eingang des Höhlenkomplexes nahe der Ortschaft al-Lataminah ist gesäumt von ausgebrannten Autos und Panzern. Hinter einer Ziegelmauer führt dann ein Gang in den Hügel hinein, vorbei an leeren Benzinkanistern, weggeworfenen Kleidungsstücken und alten Matratzen. Teils sind die Gänge zu niedrig zum Stehen, dann wieder gibt es hohe Räume. Auf die Wände haben die Soldaten nach der Einnahme Parolen gesprüht.
Nach Angaben der Regierungstruppen wurde die Anlage vor allem von Kämpfern der islamistischen Rebellengruppe Dschaisch al-Islam und Dschihadisten des früheren Al-Kaida-Ablegers Fateh al-Scham genutzt. Die Höhlen boten ihnen über Jahre Schutz vor den Bombenangriffen der Truppen von Machthaber Baschar al-Assad und ihrer russischen Verbündeten, bevor sie im Sommer vor der Offensive der Assad-Truppen fliehen mussten.
Angeblich mehrere Tunnelsysteme
In einem Raum, der wohl als Gefängnis benutzt wurde und 400 Meter tief im Berg liegt, sind noch Blutspuren auf dem Boden zu erkennen. Vom Hauptraum gehen winzige Zellen ab, die mit schweren Metalltüren abgesperrt sind. In einem anderen Raum wurden laut den russischen Militärs Drohnen hergestellt, mit denen die Rebellen immer wieder Angriffe auf den russischen Luftwaffenstützpunkt Hmeimim in der Küstenprovinz Latakia flogen.
Die russische Armee hat nach eigenen Angaben ein Dutzend ähnlicher Höhlenkomplexe in den Hügeln südlich von Idlib entdeckt. Die Region im Nordwesten Syriens ist die letzte Bastion der Aufständischen. Nach Ausrufung einer einseitigen Feuerpause durch die Assad-Truppen Ende August schweigen dort vorläufig die Waffen. Doch hat Assad keinen Zweifel gelassen, dass er die Provinz früher oder später wieder in seine Gewalt bringen will.
Quelle: ntv.de, Maxime Popov, AFP