Experte: "Könnte Problem werden" Linke will nichts von Tolerierung der Brombeer-Koalition wissen
12.12.2024, 14:12 Uhr Artikel anhören
Linke-Fraktionschef Christian Schaft wird in den nächsten Jahren ein begehrter Gesprächspartner der neuen Regierung in Thüringen sein.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Linkspartei erspart CDU, BSW und SPD in Thüringen Unannehmlichkeiten und hilft bei der Wahl von Mario Voigt zum Ministerpräsidenten. Was schon fast nach einer Regierungsbeteiligung aussieht, ist davon jedoch weit entfernt, wie Fraktionschef Schaf deutlich macht.
Nach ihrer Unterstützung für den CDU-Politiker Mario Voigt bei der Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten hat die Linke betont, dass sie keine Tolerierung der Koalition aus CDU, BSW und SPD im Landtag plant. "Wir sind eigenständig, die Brombeere arbeitet eigenständig", sagte Linke-Fraktionschef Christian Schaft nach der Wahl in Erfurt.
Vielmehr gebe es ein offizielles Gesprächsformat, um zu "demokratischen Mehrheiten zu kommen". Bei der Vereinbarung handele es sich um eine "Selbstverpflichtung der Brombeere, uns in die Vorhaben einzubinden", so Schaft.
Voigt war im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt worden, obwohl seine Koalition keine eigene Mehrheit hat. Die Linke-Fraktion hatte vorher angekündigt, Stimmen zu liefern, damit es nicht auf die AfD von Rechtsaußen Björn Höcke ankommt.
Migrations-Entscheidungen nur mit AfD?
Der Erfurter Politikwissenschaftler André Brodocz erläuterte, bei der Vereinbarung der vier Parteien handele es sich nicht um eine klassische Tolerierung. Die drei Partner der Brombeer-Koalition hätten mit der Linken einen vierten Partner, "der für nötige Mehrheiten in Einzelfällen sorgen kann". Ein erster Fall sei die Ministerpräsidentenwahl gewesen. "Zweiter Fall wird sicherlich der Haushalt sein." Die Linke sei mit einem Vertrauensvorschuss gestartet.
Auch Linke-Fraktionschef Schaft sprach von einem "Vertrauensvorschuss", man werde "aber keinen Blankoscheck ausstellen". Er kündigte an, dass die Linke bei bestimmten Koalitionsvorhaben in der Migrationspolitik mit Nein stimmen werde - etwa bei der Schaffung von Abschiebe-Haftplätzen.
Der Politologe Brodocz sagte, dies könnte zu einem großen Problem für die neue Koalition werden. "Sie hätte dann ohne die AfD keine Mehrheit für ihre migrationspolitischen Vorstellungen." Man müsse aber abwarten, ob die Linke bei diesen Themen geschlossen zusammenhalte.
BSW lobt Ramelow
Thüringens BSW-Chefin Katja Wolf hat derweil die Rolle von Ex-Ministerpräsident Ramelow bei der Suche nach Mehrheiten hervorgehoben. Der 68-Jährige, der zehn Jahre Regierungschef in Thüringen war, habe als "Architekt einer stabilen Landesregierung mitgewirkt", sagte Wolf nach der Wahl von CDU-Chef Mario Voigt zum Ministerpräsidenten. Wolf war vor ihrem Wechsel zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Mitglied der Linken und somit Parteifreundin von Ramelow.
CDU-Chef Voigt dankte seinem Vorgänger und sagte: "Zehn Jahre lang haben Sie unserem Heimatland gedient, Sie haben es durch schwierige Zeiten geführt, die nicht immer einfach waren. Da ist sicherlich manche Silberlocke gewachsen."
Hintergrund ist, dass Ramelow zur Bundestagswahl für die Linke in Erfurt antritt und mit den anderen Direktkandidaten Gregor Gysi (Berlin) und Dietmar Bartsch (Rostock) das Projekt "Silberlocke" ausgerufen hat.
Quelle: ntv.de, rog/dpa