Politik

Die "arme alte Queen" Trump-Besuch entzweit die Briten

Demonstranten protestieren in London gegen Trump.

Demonstranten protestieren in London gegen Trump.

Rassismus, Frauenfeindlichkeit, vulgäre Sprüche über Prinzessin Diana: Trump ist bei vielen Briten nicht wohlgelitten. Jetzt muss das Unterhaus über eine Petition beraten. Sie warnt davor, die Queen durch Trumps Besuch "in eine peinliche Lage" zu bringen.

Auf den engen grünen Bänken des britischen Unterhauses geht es oft lebhaft zu. Da wird gejohlt, gegrölt, gepfiffen wie in einer undisziplinierten Schulklasse, jüngst erst stimmten einige Abgeordnete lauthals die Ode an die Freude an. Auch an diesem Montag dürfte es hoch hergehen, schließlich muss das Parlament über eine Petition zu einem Staatsbesuch von US-Präsident Donald Trump beraten.

Fast zwei Millionen Briten haben sich in der Petition dafür ausgesprochen, Trump eine Staatsvisite mit allen zeremoniellen Ehren zu verweigern. Zwar könne der US-Präsident Großbritannien grundsätzlich besuchen, heißt es. Allerdings soll ihm nicht die höchste protokollarische Form einer Visite gewährt werden. Eine solche sieht auch einen Empfang durch Königin Elizabeth II. vor. Dies würde die Königin "in eine peinliche Lage bringen", heißt es in der Initiative, die wie jede Petition mit mehr als 100.000 Unterschriften im Parlament behandelt werden muss. "Mit seiner wohl dokumentierten Frauenfeindlichkeit und seiner Vulgarität hat sich Donald Trump für einen Empfang durch Ihre Majestät die Königin oder den Prince of Wales disqualifiziert."

Initiator der Petition ist Graham Guest, dem es vor allem um die "arme alte Queen" geht. Die sei "schließlich hoch angesehen und ich wollte nicht, dass er Fotos von diesem Treffen in seiner nächsten Wahlkampagne nutzt", sagte er der britischen Zeitung "Independent".

Ein Treffen mit der Königin sei unangemessen, nach all den Dingen, die Trump gesagt habe. "Ich glaube nicht, dass wir ihm das Sahnehäubchen auf dem Kuchen geben sollten", so Guest weiter. Der Einreisebann habe dann noch eine neue Dimension hinzugefügt. Solange dieser bestehe, solle Trump nicht im Königreich empfangen werden.

Guest dürfte vielen Briten, die traditionell ein gespaltenes Verhältnis zu den USA haben, aus dem Herzen sprechen. Besonders Trumps Entscheidung, Muslimen aus sieben Staaten die Einreise in die USA zu verweigern, rief in Großbritannien Empörung hervor. "Ich glaube, wir sollten sehr deutlich machen, dass wir extrem unzufrieden darüber sind, und ich glaube, es wäre total falsch, wenn er hierherkommen würde, solange das andauert", sagte Labour Chef Jeremy Corbyn dem Sender ITV. Neben der Labour-Partei plädieren auch die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei dafür, Trumps Staatsbesuch abzusagen.

Rede vor Unterhaus kein "automatisches Recht"

Auch der Konservative John Bercow - als Sprecher des britischen Parlaments eigentlich von Amts wegen zu strenger Neutralität verpflichtet - sprach sich strikt gegen zu große Weihen für Trump aus. Er forderte, Trump eine Rede vor dem britischen Parlament zu verweigern. Eine solche sei kein "automatisches Recht, es ist eine verdiente Ehre". Die Ablehnung von Rassismus und Sexismus, die Gleichheit aller vor dem Gesetz sowie eine unabhängige Justiz seien eine grundlegende Haltung des Unterhauses, sagte er jüngst unter dem Jubel von Parlamentariern.

Jenseits von Trumps Hang zu Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Prahlerei - wobei Letzteres in Großbritannien selten gut ankommt - dürfte manchen Briten noch etwas übel aufstoßen: Trumps Kommentare zu Mitgliedern des Königshauses. Prinzessin Diana erklärte er für "verrückt" und sagte nach ihrem Tod, dass er mit ihr habe er schlafen können, wenn er gewollt hätte. Und auch Herzogin Kate gab er einen Rat, nachdem eine französische Zeitung barbusige Fotos von ihr veröffentlicht hatte. Auf Twitter schrieb er, sie hätte halt nicht "oben ohne" baden sollen, nur sie selbst trage Schuld an dem Vorfall. "Come on Kate!", so sein Kommentar.

Für Premierministerin Theresa May ist die Debatte um Trumps Reise höchst unangenehm. Als erstes ausländisches Staatoberhaupt überhaupt hatte sie den US-Präsidenten noch im Januar im Weißen Haus besucht. Beide Politiker hoben die "besonderen Beziehungen" ihrer Länder hervor, und Trump umklammerte danach vor laufender Kamera etwas ungeschickt die Hand der konservativen Politikerin. Gerade für Großbritannien sind die "besonderen Beziehungen" wichtig, droht dem Land doch durch den Brexit eine zunehmende politische und wirtschaftliche Isolation. Bei ihrem Besuch lud May daher auch Trump zu einem Staatsempfang nach Großbritannien ein, eine außergewöhnliche Ehre nur 7 Tage nach Amtsantritt. US-Präsident Barack Obama hatte 758 Tage warten müssen, bis er eine Einladung nach Großbritannien erhielt, sein Vorgänger George W. Bush sogar 978 Tage.

Für May ändert auch die Petition nichts an ihrem Interesse an guten Beziehungen zu Trump: "Wir freuen uns darauf, Präsident Trump willkommen zu heißen, sobald die Termine und Vorbereitungen stehen", schrieb sie in einer Antwort auf die Petition. Doch zugleich baut ihre Regierung offenbar vor. Wie die britische Zeitung "Guardian" schreibt, könnte es einen Besuch zweiter Klasse geben, von Donnerstag bis Sonntag Ende August oder Anfang September - also in einer Zeit, in der das Unterhaus nicht tagt. Außerdem gibt es Spekulationen, dass sich der Präsident weitgehend außerhalb Londons aufhalten soll, wo weniger Proteste erwartet werden.

Die britische "Stop-Trump-Bewegung", für die sich Parlamentarier, Gewerkschaften und Stars engagieren, hat bereits Widerstand angekündigt. So plant sie eine Demonstration zeitgleich zur Parlamentsdebatte an diesem Montag. Außerdem sagte der Kolumnist Owen Jones, der auch der Anti-Trump-Koalition angehört, dass Trumps Besuch "von den größten Protesten gegen Rassismus und Hass in unserer Geschichte" begleitet würden. Wo auch immer Trump sei: "Wir werden zu Millionen gegen Trump und die Absprache mit unserer Regierung demonstrieren, in jeder Ortschaft und jeder Stadt in Großbritannien."

Da ist es für May nur ein kleiner Trost, dass das Parlament an diesem Montag noch über eine zweite Petition beraten muss: Diese fordert, dass Trump seinen Besuch wie geplant antritt. Unterschrieben wurde sie von etwas mehr als 300.000 Menschen.

Quelle: ntv.de

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