Politik

Mitunter ist es zu viel Lob Trump hat einen dicken Narren an Meloni gefressen

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Giorgia Meloni und Donald Trump am 13. Oktober in Scharm el-Scheich.

Giorgia Meloni und Donald Trump am 13. Oktober in Scharm el-Scheich.

(Foto: REUTERS)

Die Beziehungen zwischen Washington und Rom sind so harmonisch wie kaum je zuvor. Der Grund: US-Präsident Trump schätzt die italienische Premierministerin Meloni - sehr. Die schärfste Kritik bekommt sie dafür nicht von der Opposition, sondern von rechts.

US-Präsident Donald Trump scheint einen Narren an Italiens Premierministerin Giorgia Meloni gefressen zu haben - keinen gewöhnlichen, sondern einen richtig großen. In letzter Zeit lässt er keine Gelegenheit aus, um Meloni öffentlich zu loben. So schrieb er auf seiner Plattform Truth Social, Melonis Autobiografie müsse man unbedingt lesen.

Das Lob war nicht ganz uneigennützig, sondern diente, wie so vieles bei Trump, auch der Familie: Das Buch, das unter dem Titel "I’m Giorgia" in den USA veröffentlicht wurde, enthält ein Vorwort seines Sohnes Donald Trump Junior. Der Senior postete zudem das Video mit der mittlerweile zu einer Art Markenzeichen gewordenen Phrase aus dem Jahr 2019: "Ich bin Giorgia, ich bin eine Frau, ich bin eine Mutter, ich bin Christin."

Beim Treffen am Montag vor einer Woche im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich, als die Waffenruhe zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas unterzeichnet wurde, begrüßte Trump Meloni mit den Worten: "Hier kommt eine wunderschöne Frau." Bei der abschließenden Pressekonferenz fügte er anerkennend hinzu, sie sei "eine junge, erfolgreiche und sehr respektierte Politikerin".

Felsenfeste Loyalität

Die Nähe zwischen der Ministerpräsidentin und dem US-Präsidenten war in Ägypten auch daran erkennbar, dass Meloni meist in Trumps Nähe stand oder saß. Sicher, unter den geladenen Gästen, deren Anwesenheit die Bedeutung der Veranstaltung unterstreichen sollte, war sie die einzige Frau. Wichtiger könnte für Trump allerdings ihre Loyalität sein.

Während des Kriegs im Gazastreifen hatte Meloni sich, trotz der vielen Toten in der palästinensischen Zivilbevölkerung, mit Kritik am Vorgehen des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu sehr zurückgehalten. Geradezu schattenartig folgte sie stets der Linie, die Trump vorgegeben hatte. Ihrem Außenminister Antonio Tajani überließ sie es, ab und zu vorsichtigen Tadel Israel gegenüber auszusprechen.

Trumps Komplimente dürfte Meloni als Ehre empfinden, immerhin ist er Präsident der Vereinigten Staaten und Aushängeschild einer politischen Richtung, die der ihren entspricht. Mitunter wäre sie aber wohl für etwas weniger Lobpreisung dankbar, wie ein Vorfall vor ein paar Tagen zeigt.

Verhandelt Meloni an der EU vorbei?

Dabei geht es um ein Video einer MAGA-Aktivistin, die als LynneP in den sozialen Medien unterwegs ist. In dem Video wird behauptet, Meloni versuche im Alleingang vorteilhafte Zollabkommen für Italien abzuschließen - was kaum möglich ist, da Zölle in der EU keine Sache der Nationalstaaten sind. Außerdem wolle sie die Hilfe für die Ukraine zurückfahren.

Gut möglich, dass sich niemand um dieses Video gekümmert hätte, wäre es nicht von Trumps Account wiedergepostet worden. So löste es in Italien heftige Kritik seitens der Opposition aus. Die forderte Meloni auf, Rede und Antwort dazu im Parlament zu stehen. Was sie an diesem Mittwoch machen wird.

Aus der Regierung wurde bereits mitgeteilt, dass die Zollverhandlungen allein Sache der EU-Kommission sind und Italien dies respektiere. Bilateral werde nur über den aus den USA kommenden Vorwurf verhandelt, Italien betreibe bei einigen Teigwarenprodukten Dumping.

Aufregung um "Trumps Kurtisane"

So unwahrscheinlich die Behauptungen aus dem Video auch erscheinen mögen: Der Opposition, die im Moment nicht mit eigenen Vorschlägen punkten kann, bieten sie eine willkommene Angriffsfläche. Für die Opposition ist Meloni die Vollstreckerin von Trumps Wünschen und Anordnungen. Das habe sie etwa bei der UN-Generalversammlung Ende September bewiesen. Und überhaupt, es sei beschämend, dass Italien Palästina nicht als Staat anerkenne.

Dass Meloni im Schlepptau der US-Administration unterwegs sei, meint auch Maurizio Landini, Chef der größten linken Gewerkschaft CGIL. Allerdings formulierte er seinen Standpunkt mit einer gehörigen Portion Sexismus. Auf die Frage, was die italienische Regierung zum Abkommen zwischen Israel und Hamas beigetragen habe, antwortete er in einer Talk Show: "Nichts, Meloni hat sich auf die Rolle von Trumps Kurtisane beschränkt."

Für die Darstellung von Meloni als Mätresse am Hof des US-Präsidenten wurde Landini nicht nur von Melonis Gefolgschaft auf das Schärfste getadelt. Auch Ex-Premier Matteo Renzi sowie Carlo Calenda, der Vorsitzende der liberalen Partei Azione, bezeichneten die Wortwahl als unzulässig.

Landini, vom Moderator der Sendung aufgefordert, diesen sexistischen Begriff nicht so im Raum stehen zu lassen, erklärte, er habe das natürlich nur im politischen Sinne gemeint. Woraufhin Meloni selbst das Wort ergriff und hervorhob, im Wörterbuch stehe zum Begriff "Kurtisane" als erste Erklärung "leichtlebige Frau".

Für rechte Ex-Verbündete ist Meloni eine Verräterin

Eigentlich hätte man auch von den Sozialdemokraten des PD eine Stellungnahme zu Landinis Worten erwartet. Die kam aber nicht, oder besser gesagt: Sie kam spät und anders als erwartet. Mehrmals dazu aufgefordert, erklärte die Vorsitzende der Demokratischen Partei, Elly Schlein, Landini habe doch schon geklärt, wie es gemeint gewesen sei. Meloni solle aufhören, "sich immer wieder als Opfer in Szene zu setzen".

Gut möglich, dass Schleins Antwort eine Retourkutsche auf einen verbalen Angriff von Meloni war. Bei einer Kundgebung in Florenz hatte die Regierungschefin gesagt, ihre Koalition habe dem Parlament jüngst eine Resolution zur Abstimmung vorgelegt, in der es hieß: "Italien unterstützt den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump für den Nahen Osten". Mehr oder weniger die ganze Welt habe diesem Plan zugestimmt, fuhr Meloni fort, "sogar die Hamas". Nur Italiens Linke habe sich dazu nicht überwinden können. "Das heißt, die italienische Linke ist noch fundamentalistischer als die Hamas."

Dass Kritik aus der Opposition kommt, liegt in der Natur der Politik. Überraschend ist indessen die aus dem rechten Lager. Massimo Arlechino von der rechten Partei "Indipendenza", einer Abspaltung von Melonis Fratelli d'Italia, warf der Premierministerin in einem Interview "Verrat" vor. In der Tageszeitung "Il Fatto Quotidiano" erinnerte Arlechino daran, dass Meloni praktisch in der Jugendorganisation "Fronte della Gioventù" aufgewachsen sei, der "Jungen Front" der FdI-Vorgängerpartei Movimento Sociale Italiano. Dort sei man "antiimperialistisch und antiamerikanisch" gewesen und habe "für das Selbstbestimmungsrecht der Völker gekämpft".

Dass sie dies alles aufgegeben habe, um von der EU nicht mehr als "Faschistin an der Macht" bezeichnet zu werden, sei nachvollziehbar. Das dürfe aber nicht heißen, sich blindlings den Positionen der USA und Israels anzupassen. "Bei Gaza und Palästina hat Giorgia die Werte der Rechten verraten", so Arlechino.

Quelle: ntv.de

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