Richter-Kandidat beschuldigt Trump will mutmaßliches Opfer anhören
19.09.2018, 18:58 Uhr
"Wenn sie nicht auftaucht, wäre das bedauerlich", sagt US-Präsident Trump über die Anhörung des mutmaßlichen Opfers.
(Foto: AP)
Brett Kavanaugh ist eigentlich Trumps Wunschkandidat für den Supreme Court. Doch nun wirft ihm eine Professorin vor, sie vor Jahrzehnten sexuell bedrängt zu haben. Und US-Präsident Donald Trump scheint - entgegen ersten Aussagen - bereit zu sein, sie anzuhören.
US-Präsident Donald Trump hofft auf eine ausführliche öffentliche Aussage jener Frau, die seinem Wunschkandidaten für das Oberste Gericht, Brett Kavanaugh, sexuelle Übergriffe vorwirft. Er wolle wirklich hören, was sie zu sagen habe, sagte Trump in Washington.
Mit Blick auf eine geplante Anhörung der Frau vor einem Ausschuss des US-Senats erklärte er, wenn sie dort glaubwürdig auftrete, wäre das "interessant" und dann müsse eine Entscheidung getroffen werden. "Wenn sie auftaucht, wäre das wunderbar. Wenn sie nicht auftaucht, wäre das bedauerlich." Zuletzt hatte Trump noch gesagt, er habe keinen Zweifel, dass es wie geplant zu der Bestätigung des Richters kommen werde - allenfalls verzögert.
Trump hat Brett Kavanaugh als künftigen Richter für den Supreme Court vorgeschlagen. Der US-Senat muss die hochrangige Personalie bestätigen. Kurz vor der Entscheidung waren schwere Vorwürfe gegen den umstrittenen konservativen Juristen ans Licht gekommen.
Laut Schilderung der 51-jährigen Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford war sie Anfang der achtziger Jahre von Kavanaugh und einem Freund - beide in "sturzbetrunkenem" Zustand - während einer Highschool-Party bedrängt worden. Kavanaugh habe sie auf ein Bett gedrückt, sie zu entkleiden versucht und ihr den Mund zugehalten, bevor ihr die Flucht gelungen sei.
Professorin erhält Todesdrohungen
Kavanaugh bestreitet all das energisch. Er wie auch die Frau sollen am kommenden Montag vor dem Justizausschuss des US-Senats zu der Sache Stellung nehmen. Die Professorin forderte allerdings vor ihrer Aussage eine Untersuchung des Falls durch die Bundespolizei FBI. Das schrieben ihre Anwälte am Dienstag in einem Brief an den Vorsitzenden des Justizausschusses, Chuck Grassley, der mehreren US-Medien vorlag. Eine gründliche Untersuchung durch das FBI ermögliche eine unparteiische Beurteilung der Fakten, heißt es in dem Schreiben.
Seit Ford mit ihrer Anschuldigung vor einigen Tagen an die Öffentlichkeit gegangen war, war sie laut ihren Anwälten "boshafter Schikane und sogar Todesdrohungen" ausgesetzt. Ihre "schlimmsten Befürchtungen" hätten sich bewahrheitet. Ford habe mit ihrer Familie die Wohnung wechseln müssen. Ihre E-Mails seien gehackt worden, und im Internet habe sich jemand anderes als sie ausgegeben.
Trump wies die Forderung nach einer FBI-Untersuchung zurück. Die Bundespolizei wolle das offenkundig nicht und habe Kavanaugh in der Vergangenheit bereits mehrfach durchleuchtet. Es sei Sache des Senats, den Fall zu untersuchen, sagte er. Der US-Präsident verteidigte seinen Wunschkandidaten und betonte: "Es ist sehr schwer vorstellbar für mich, dass irgendwas passiert ist." Was derzeit geschehe, sei sehr hart und unfair für Kavanaugh und dessen Familie. Dennoch müsse die Frau angehört werden.
Für Trump ist der Vorgang höchst unerfreulich. Er hatte Kavanaughs Berufung an den Supreme Court als einen seiner größten Erfolge verkauft. In wenigen Wochen stehen die wichtigen Zwischenwahlen zum Repräsentantenhaus und zum Senat an. Die Republikaner müssen um ihre knappe Mehrheit von 51 der 100 Sitze im Senat bangen - ohne Zustimmung der Kongresskammer kann der erzkonservative Kavanaugh den Posten am mächtigen Supreme Court aber nicht antreten. Die Wähler geben im November auch ihr Urteil über die erste Hälfte von Trumps Amtszeit ab.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP